Es sommert. Wir sitzen im Schatten und drauĂen ackern Agrarökonomen auf den Feldern, um die Ernte einzufahren. Lange Tage, kurze NĂ€chte. Dauernd den Wetterbericht scannen. Alles nicht einfach. Da wĂŒnscht man sich ein ordentliches ArbeitsgerĂ€t.
GlĂŒcklicherweise wurden in den letzten Wochen zwei neue GerĂ€te prĂ€sentiert (die fĂŒr merkbare Trends gesorgt haben):
Claas hat den FeldhÀcksler Claas Jaguar 1200 vorgestellt (20% mehr Durchsatz!).
Fendt den neuen Fendt Vario 1052 (550 PS!).
Beide sind mit Pressemitteilungen und PR-Bumms auf Fachmagazinen prÀsentiert worden. Weil so eine Maschine (ohne Extras) nördlich von 500.000⏠kostet, habe ich mir die Landingpages angesehen. Und naja: So ein Online-Feld bestellt sich irgendwie doch nicht von selbst.
Der Claas wird mit einer eigenen Landingpage promotet. Aber irgendwie sind es WortungetĂŒme. Das hier ist die fetzige Einleitung:
CLAAS prÀsentiert mit der JAGUAR 1000 Baureihe seinen stÀrksten FeldhÀcksler aller Zeiten. Breitere VorsatzgerÀte und der neue, breite Gutfluss bringt bis zu 20 % mehr Durchsatz. Die hohe Motorleistung von bis zu 1.110 PS ist ideal darauf abgestimmt.
Mein Lieblingssatz hat es aber wirklich knistern lassen. Ich habe direkt ĂŒberlegt die Laptoptastatur gegen eine klimatisierte Kabine zu tauschen:
Die schichthöhenunabhĂ€ngige vollhydraulische Vorpressung ist automatisch auf das Erntegut abgestimmt und liefert gleichbleibend hohe QualitĂ€t bei unterschiedlichen SchnittlĂ€ngen und ErntegĂŒtern. Die V-FLEX Messertrommel mit ihrem prĂ€zisen und scharfen Schnitt sorgt fĂŒr homogenes HĂ€ckselgut.
NatĂŒrlich gibt es auch Bullet-Lists und ich bin auch nicht die Zielgruppe. Aber ein bisschen mehr Feuer und Kopfkino darf schon entstehen. Oder?
Trotzdem bin ich voll motiviert auf den Konfigurator gegangen. Mit 1.100 PS romantisch in den Sonnenuntergang feldhĂ€ckseln. Das klingt nach einem alternativen Lebensmodell fĂŒr mich.
Hart bin ich aber auf den (NĂ€hr-)Boden der Tatsachen zurĂŒckgeholt worden:
Ich klicke auf den Konfigurator. Und dann:
Nur die VorgÀngermodelle. Nichts mit 20% mehr Gutflussdurchsatz und 1.100 PS.

Nun. Ich wollte das ein paar Tage spÀter einem befreundeten Landwirt zeigen, da hat man wenigstens die Call To Actions von der Landingpage entfernt. Konfigurieren kann ich mir meinen Jaguar 1000 trotzdem noch nicht. Mein befreundeter Landwirt meint, dass sei auch besser so. Denn er hÀtte Probleme damit, von Claas digitale Rechnungen zu bekommen.
Meinen kurzen Traum habe ich also zur Seite geschoben.
Zwei Wochen spĂ€ter kommt aber Fendt. Wieder gibt es einen veritablen Uplift im Suchvolumen, weil die Produktinnovation groĂflĂ€chig gespielt wird.
Schon in den Suchergebnissen wird aber deutlich, dass auch hier nicht alles passt:

Die rankende Fendt-Seite beschreibt nur den Vario 1000 mit bis zu 517 PS. Nichts Vario 1052. Nichts 550 PS.
Selbst mit einer Site-Abfrage finde ich keine spezifische Landingpage. Noch nicht mal eine Pressemeldung.
Aber vielleicht habe ich ja GlĂŒck, denke ich und kann mir in der Mittagspause immerhin ein VorgĂ€ngermodell zusammenklicken. 517 PS wĂ€ren ja auch ordentlich und immerhin ist ein Traktor flexibler einsetzbar als ein FeldhĂ€cksler.
Ich klicke auf den Konfigurator. Werde auf eine andere Domain weitergeleitet. Gebe erneut Cookie Consent. Ich suche mir den Vario 1000 raus. Wir wollen ja keine halben Sachen machen, wenn wir schon nicht das neue Frontmodell kriegen können.

Immerhin der Preis in der Basisvariante liegt noch unter 0,5 Mio âŹ. Und ich brauche nur noch 20.000⏠zusĂ€tzlich, um 225⏠zu bekommen, fĂŒr die ich beispielsweise ein Go-Kart erwerben könnte.

Ich habe mir wirklich MĂŒhe gegeben. Aber der Konfigurator war fĂŒr mich einfach nicht bedienbar. Die ZeilenumbrĂŒche sind gruselig. Die Info-KĂ€sten waren nur gelegentlich vorhanden, aber oft musste man horizontal scrollen, um sie zu sehen. Mal noch mit Dropdowns, mal ohne.
Ich konnte mich da einfach nicht durchbeiĂen.
Ende vom Lied: Ich habe weder den FeldhÀcksler gekauft, noch einen Traktor.
Aber ich habe ein paar Tipps, bei denen ich mir sicher bin, dass Du sie beherzigen wirst, wenn Du eine Produktinnovation auf den Markt bringst (egal ob fĂŒr 50⏠oder 500.000âŹ):
- Sich um die Verteilung der Pressemeldung zu kĂŒmmern ist klasse, aber sorg dafĂŒr, dass auf der eigenen Seite die Hausaufgaben gemacht sind.
- Auch ein Produkt-Text fĂŒr ein 0,5 Mio.⏠Investitionsgut darf knistern und Begeisterung erzeugen. Vor allem sollte die Sprache Resonanz bei der Zielgruppe erzeugen.
- Wenn Du ein Produkt auf den Markt bringst, solltest Du entweder dafĂŒr sorgen, dass Dein Konfigurator das abbilden kann, oder einen alternativen Call To Action setzen. Wie schade, wenn Menschen zu Dir kommen, Du sie aber nicht in einen Shop oder Newsletter (lass Dich benachrichtigen, sobald verfĂŒgbar) konvertierst.
- Keine Pressemitteilung auf der eigenen Seite ist auch eine gute Möglichkeit anderen die Herrschaft ĂŒber Deine Produktvorstellung zu geben. Die sollen aber nur die Saat sĂ€en. Aufgehen soll sie auf Deinem Feld.
- Es ist 2025 Mobile First ist auch im B2B Pflicht.
Ich weiĂ, Du weiĂt das alles. Aber ich Fendt es Claas, wenn auch vertriebslastige Produkte ein vernĂŒnftiges Online Marketing bekĂ€men. Das macht den Vertrieb viel einfacher.
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