Wirklich wahres Wingmen SEO Wissen für wache Webmarketer #245 |
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☀️ Und immer immer wieder geht die (SEO) Sonne auf |
Nun ist er vorbei, der große Wahlsonntag. Auch bei Google Trends gab es für Deutschland gestern kein wichtigeres Thema, als die Ergebnisse der vorgezogenen Bundestagswahl. Wie erwartet gab es große politische Verschiebungen, jetzt folgt die spannende Phase der Regierungsbildung.
Unabhängig davon, wie Du das Ergebnis wahrnimmst – wir richten den Blick zuversichtlich nach vorne und bringen Dich mit unseren frischen Newsletter-Beiträgen hoffentlich auf positive Gedanken.
In dieser Ausgabe
- macht Lars sich Gedanken zur AIO-pocalypse.
- zeigt Matt, wie Du Lücken in Deinen Themenclustern schließen kannst.
- berichtet Saskia von der Women in Tech Konferenz in London.
- spricht Nils über Umbenennungen in Google Maps.
- gibt Darius Tipps zur Entschleunigung.
Viel Spaß beim Lesen!
Deine Wingmenschen
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KI prüft für uns, ob die AIO-pocalypse gerade stattfindet |
Bitte was? Gemeint ist natürlich Kevin Indig und er hat untersucht, wie stark AI-Overviews Einfluss auf das Layout der SERPs nehmen. Er selbst nennt dies augenzwinkernd “AIO-pocalypse” und stellt fest, dass diese gerade noch nicht stattfindet.
In Europa sowieso noch nicht, aber ich bin mir recht sicher, dass sie in den nächsten ein bis zwei Jahren kommen werden. Nicht die Apokalypse, die Overviews. Aktuell ist dies aber mehr eine Vermutung, als dass ich stichhaltige Beweise dafür habe.
Trotzdem ist es spannend zu überlegen, wie die AIO-pocalypse in Europa aussehen könnte und natürlich, ob und welche Auswirkung das auf unsere SEO hat. Kevin hat 19 Studien zu den AI-Overviews durchgearbeitet und in einer “Meta-Analyse” die Erkenntnisse zusammengefasst. Dabei ist er folgenden Fragen auf den Grund gegangen:
- Wie oft zeigt Google AI-Overviews an?
- Was löst AI-Overviews aus?
- Wie wirken sich AI-Overviews auf Klickraten und SEO-Traffic aus?
- Wie können wir in AI-Overviews ranken?
- Sollten wir die Content-Erstellung im Hinblick auf AI-Overviews überdenken?
Hierbei geht der Umfang der analysierten Keywords je Studie stark auseinander. Der geringste bekannte Wert liegt bei 1.625 Keywords, der größte bei 120 Millionen.

Quelle: https://www.growth-memo.com/p/the-impact-of-ai-overviews-on-seo
Kevin sagt:
“To my surprise, the AIO-pocalypse has not yet happened. At least not according to the data.”
Johannes von Sistrix prüft, wie die Suche der Zukunft mit AI-Overviews aussieht. Hierfür geht er nach UK. Nicht mehr der regulierte, europäische Raum, aber zumindest Daten, die auf dieser Seite des Teichs gesammelt werden. Und es zeichnet sich ein ähnliches Bild ab, wie bei den 19 Studien, die Kevin untersucht hat. Besonders was die Themenbereiche anbelangt, in denen AI-Overviews sehr häufig auftauchen.
Desktop:
- Health
- People and Society
- Science
Mobile:
- People and Society
- Science
- Food Drink
Spannend ist schon der Unterschied zwischen Mobile und Desktop. Dieser findet sich vornehmlich in der Semrush Studie und nicht in allen Studien. Bei Mobile ist Health immer noch auf Platz 4. Ein Themenkomplex, bei dem man nicht unbedingt die KI erwartet, besonders wenn sie auch gerne mal flunkert, wenn sie keine Antwort kennt. Hier wäre ich stark verwundert, wenn Google auch in Europa diesen Fokus legen würde.
AI-Overviews werden, aktuell zumindest, vornehmlich für Longtail-Keywords ausgespielt, mit einem informationalen Intent. Auch das kommt nicht wirklich überraschend. Rechnet man hinzu, dass seit einigen Jahren die informationalen Suchanfragen abnehmen, wird der Kreis, für den AI-Overviews bei einer potenziellen Optimierung relevant sind, kleiner.
Trotzdem können die AI-Overviews für diejenigen, die eine Longtail-Strategie mit informationalen Inhalten fahren, spannend sein. Im Durchschnitt finden sich 4–6 Ergebnisse in einem AI-Overview. Dies sind nicht zwingend die ersten Top-Ergebnisse. Trotzdem zeigen die Studien, dass ein gutes Ranking hilfreich ist. Dies kann aber schon ein Top10-Ranking sein. Wenn wir da unten am Ende der Seite eine CTR von 2 bis 5 % ansetzen, dann kann das Auftauchen in den AI-Overviews schon ein großer Vorteil sein, da wir auch bei starker Konkurrenz ein Top-Ranking hätten.
Allerdings ist der Umfang, in dem AI-Overviews in UK auf der SERP auftauchen, aktuell noch recht gering.
Quelle: https://www.sistrix.de/news/ai-vs-seo-wie-sieht-die-suche-der-zukunft-aus/
Interessant ist, dass AI-Overviews wenig mit Google Ads kombiniert sind. Ich habe keine Zahlen darüber, wie die Zusammensetzung bei den Suchanfragen war, bevor AI-Overviews ausgespielt wurden. Für mich ist das aber ein Punkt, den man auf jeden Fall im Blick haben sollte, um ihn ggf. zu seinem Vorteil nutzen zu können.
Auch erwähnenswert ist, dass in den AI-Overviews eben nicht der exakte Suchbegriff gezeigt wird, sondern der Textabschnitt, der die passende Antwort liefert. Dies hängt damit zusammen, wie AI-Overviews zusammengesetzt werden. Entsprechend schlägt Kevin “Cosine Similarity Analysen” vor, um auf die AI-Overviews zu optimieren. Auch das Instrument ist nicht neu, könnte aber noch mal ein anderes Gewicht im Kontext der AI-Os bekommen. Abgesehen von diesen Punkten, bin ich der Ansicht, dass wir gut aufgestellt sind für die AI-Overviews, wenn wir gute SEO betreiben. Was bedeuten die Erkenntnisse für meinen Umgang mit dem Thema?
- Zurücklehnen und gucken, wann sie kommen.
- Wenn sie kommen, für welchen Kunden sind sie überhaupt thematisch relevant.
- Wenn relevant für einen Kunden, untersuchen, wie sie in die Strategie passen.
- Wenn strategisch zu nutzen, dann analysieren und optimieren.
Ich arbeite total gerne mit unterschiedlichen APIs und Knime. Ich denke, da lässt sich sehr gut ein Workflow finden, um AI-Overviews zu analysieren und Cosine Similarity zu integrieren. Wenn Du Ideen dazu hast und Dich austauschen möchtest, melde Dich gerne. Du findest mich im Maschinenraum.
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GSC Gold Mining: Lücken in Deinem Themencluster finden |
Vielleicht kommt Dir das bekannt vor: Du hast schon fleißig Content erstellt, Deine Themencluster zusammengeschustert und trotzdem bleibt tief in Dir das Gefühl, dass da noch Luft nach oben ist? Das stimmt auch.
Und schon wird es Zeit für den zweiten Tipp, um Deine bestehenden Themencluster (noch) besser zu machen (erster Tipp: Adiós, Adiós, Adiós? No more! So sorgst Du dafür, dass Deine User sich nicht zu früh von Dir verabschieden): Eine Content Gap Analyse! Um die Lücken in deinem bestehenden Content zu finden und zu schließen. Und die gibt es, glaub mir!
Nur wie macht man das nun konkret? Im Grunde gibt es verschiedene Möglichkeiten. Wir können…
- Uns mit zwei Kollegen und einer Kollegin zusammensetzen und gemeinsam brainstormen
- Die Website der Konkurrenz aufrufen und deren Inhalte manuell nach neuen Themen durchforsten
- Verschiedene Tools wie Sistrix oder ahrefs bemühen
- In der Google Search Console vorbeischauen
- Alle genannten Herangehensweisen zu einer “Super Gap Analyse” kombinieren
Der letzte Punkt ist sicher der Beste. Da das jedoch den Rahmen sprengen würde, fokussieren wir uns heute auf den Weg über die Google Search Console. Der ist nämlich fast so schön wie ein Spaziergang über eine blühende Wiese im Frühling (sofern man nicht unter Heuschnupfen leidet).
Schritt für Schritt, um die Lücken im Content zu schließen
1. Leistungsbericht/Performance-Report in der Google Search Console öffnen
Als erstes öffnest Du – wenig überraschend – die GSC. Dort angekommen, klickst Du dann auf den Report “Leistung” beziehungsweise “Performance”:

2. Low Hanging Fruits (und Higher Hanging Fruits) zurechtfiltern
Nun wählst Du einen Zeitraum von 12 Monaten aus:

Anschließend filterst Du Dir die Keywords zusammen, die größer als Position 10 sind. Also die Keywords, die nicht schon auf Seite 1 fleißig Traffic abgreifen:

3. Vielversprechende Keywords identifizieren
Okay. So weit, so gut. Jetzt sortierst Du nach Impressionen und suchst nach Keywords, die viele Impressionen haben, aber keine oder kaum Klicks bekommen:

Die gehst Du nun mit wachsamem Auge durch und hältst Ausschau nach Keywords, die sich vielversprechend anhören.
4. Bestehende Inhalte optimieren vs. Neues Thema abdecken
Im Grunde hast Du nun zwei Möglichkeiten. Gut, eher drei.
- Du hast das Thema des Keywords bereits abgedeckt: Nun, da lohnt sich vielleicht nochmal ein kritischer Blick, ob der Inhalt auch tatsächlich so gut ist, wie er sein sollte. Ob er die Suchintention trifft und so weiter.
- Du hast das Thema des Keywords noch nicht abgedeckt (es würde aber inhaltlich passen): In diesem Fall wird es aber höchste Zeit, dass Du Dir das Thema schnappst. Also ran an die Tasten!
- Das Keyword ist für Dich und Deine Seite total irrelevant: Nun, dann darf es das auch bleiben.
5. Performance beobachten und regelmäßig das SEO-Tier grüßen
Nach der Optimierung ist ja bekanntlich vor der Optimierung. Es heißt also: Dranbleiben! Und nach ein paar Wochen schauen, ob sich Deine Positionen verbessert haben. Beziehungsweise ob der neue Artikel so performt, wie er sollte. Falls nicht: Weiter optimieren beziehungsweise Deinen Content noch weiter ausbauen. So lässt Du Deine Themencluster mit der Zeit immer weiter wachsen und gedeihen.
Abschließende Worte
Ist der von mir beschriebene Weg der einzige Weg? Nope. Geht es noch umfangreicher? Yup. Wie so oft, führen viele Wege zum Ziel. Gerade ein Blick zur Konkurrenz und in das SEO-Tool Deiner Wahl können die Liste an Themen, die Du in der GSC findest, noch hervorragend ergänzen.
Neben der Herangehensweise kommt es aber auch einfach darauf an, sich immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, dass ein Themencluster nicht einmal erstellt und damit “fertig” ist. So wie auch SEO nicht einmal gemacht und dann abgehakt ist. Wenn Du also glaubst, dass Du schon alle Themen und Unterthemen untergebracht und abgehandelt hast: Think again!
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Women in Tech – ohne Tech? |
Frisch zurück aus dem recht windigen und natürlich verregneten London, hatte ich eigentlich vor, euch meine Keytakeaways des WTSFestes (Women in Tech SEO) zu servieren. Aber stattdessen schreibe ich lieber ein paar Worte, die mir noch viel mehr am Herzen liegen, als die konkreten Konferenztopics (die es natürlich auch gegeben hat).
Es ist ein sehr liebevolles Miteinander, aber warum sind alle trotzdem so vorsichtig mit dem Begriff “Tech”?
Ich muss es einfach sagen: Die Women in Tech SEO-Community ist fantastisch. Freundlich, unterstützend, respektvoll – ein ganz anderes Miteinander als auf allen anderen Konferenzen, auf denen ich bisher gewesen bin, ohne dabei langweilig zu sein.
Man kommt schnell miteinander ins Gespräch, Networking super easy – Herzlich aufgenommen werden? SOFORT. Respekt ist vorherrschend – Der Code of Conduct? Ich finde ihn mega! Es gibt klare Regeln für ein inklusives, sicheres und wertschätzendes Miteinander, das wirklich gelebt wird. Hier wird sich gegenseitig unterstützt, nicht niedergemacht. Keine „dummen Fragen“, auch keine “dummen Antworten”, keine unangenehmen Grenzüberschreitungen. Kurz gesagt: Ich habe das Gefühl, hier fühlen sich alle wohl.
Die Aufteilung zwischen Konferenztalks und Pausen ist sehr hilfreich, es gibt ca. 1 Stunde Input, 3 Talks, je 20 Minuten, anschließend 45 min zum Austauschen, für Biopausen und zum recappen.
Man hat die Möglichkeit mit jedem Speaker direkt in Kontakt zu treten. Es macht einfach Spaß.
Und trotzdem gibt es da ein Thema, das mich die Konferenz lang beschäftigt hat…
Ich stand so da, umgeben von brillanten Frauen, die alle in der SEO-Welt, viele in der Tech-SEO-Sparte, unterwegs sind. Ein Raum voller Menschen, die strukturiert denken, analytisch unterwegs sind und täglich in komplexe technische Prozesse eintauchen.
Und doch suchte ich die gute alte “Tech” innerhalb der Vorträge.
Vorträge, die vorherrschend eher die folgenden Themen adressierten:
- “so und so läuft das mit Keywords”,
- “macht kein stuffing”,
- “benutzt ordentliche Ankertexte” und
- “Ich erzähle euch was zur Migration, aber ohne Tech, mehr dahingehend, dass man bei den Kunden Händchen halten muss…”
Kurz um: “Tech” wurde, aus meiner Sicht kaum, und wenn, nur in Ansätzen angesprochen.
Ich frage mich: Warum so viel „keine Sorge“?
Ich war erstaunt davon, wie viele Vorträge eigentlich mit den Worten „Keine Sorge, das wird nicht zu technisch“ oder aber “vector embeddings sind eine recht komplizierte Sache, wir steigen nicht zu tief ein..”, “ich bin ein Nerd, seht es mir nach, ich steige nicht zu tief ein” begonnen wurden – als wäre „Tech“ eine Drohung – GIRL I THINK WE CAN HANDLE IT, and GODDAMN, please be the NERD you are!
Technische Details wurden gefühlt eher als Problem statt als Stärke behandelt.
Hier, in einer geschützten Community voller Frauen, die sich für SEO, insbesondere Tech interessieren, hätten wir doch endlich zeigen können, dass Tech unser Ding ist!
Keine Rücksicht auf das Stereotyp „Frauen und Technik, das passt doch nicht“ – sondern einfach “Let’s Go and Rock it”.
Als Teil der Wingmen kenne ich es anders, Frauen sind und können und wollen genau so nerdig, wie alle anderen auch.
Die wunderbare Areej AbuAli hat mit der WTS einen Ort geschaffen, an dem niemand sich entschuldigen müsste, weil sie über Crawling & Indexing, Coding, Googles Algorithmen oder Ähnliches spricht.
Eine verpasste Chance?
Das Event war großartig, keine Frage. Aber es war auch ein bisschen, als würde eine Gruppe von Spitzensportlern sagen:
„Keine Sorge, wir machen heute kein Training.“
Es wäre ein perfekter Ort gewesen, um zu zeigen: Frauen in IT & Tech können! Sie wollen! Sie lieben es! Stattdessen fühlte es sich manchmal an, als wollte man bloß niemanden mit allzu viel „echtem Tech“ überfordern.
Ein Appell für das nächste Mal:
Lasst uns den Code of Conduct nicht nur für unser Miteinander, sondern auch für unser Selbstbild, mindestens innerhalb der Community, nutzen:
- Respektvoll.
- Empowernd.
- Furchtlos.
Ich hoffe auf die nächste Konferenz – mit Vorträgen, die beginnen mit:
„Keine Sorge, es wird richtig nerdig!“ 🚀
P.S. Und ja, ich weiß, es muss eine gute Balance gefunden werden, aber das ist mein Eindruck der Konferenz. Und weil man ja nicht nur meckert, sondern gerade bei der WTS Feedback mehr als erwünscht ist, habe ich diese Gedanken bereits mit der wunderbaren Hannah Smith geteilt.
Und natürlich habe ich mir auch neues Know How angeeignet, insbesondere innerhalb der Workshops am Vortag. Mehr dazu nächste Woche.
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Machtspielchen mit Google Maps |
Die Umbenennung der Gewässer zwischen den USA und Mexiko per Erlass des Präsidenten der Vereinigten Staaten hat sowohl in den sozialen Medien als auch in der Berichterstattung hohe Wellen geschlagen. Ein weiterer typischer Trumpismus, könnte man denken. Dann macht man es sich aber auch etwas einfach.
Landkarten sind weit mehr als bloße Orientierungshilfen, sie waren schon immer einflussreiche Werkzeuge. Mit der Umbenennung des Gulf of Mexico in den Gulf of America und der Rückbenennung von Denali zu Mount McKinley zeigt sich erneut, wie tief politische Entscheidungen in unsere digitale Welt vordringen. Google hat diese Veränderungen bereits in Maps umgesetzt. Zumindest für Nutzer in den USA, während in anderen Ländern weiterhin die bisherigen Bezeichnungen bestehen bleiben.
Das macht die USA zu einem „Sensitive Country“ – eine Einstufung, die Google bislang nur Ländern wie China, Russland, Israel, Saudi-Arabien und dem Irak vorbehalten hat. Diese Kategorisierung bedeutet, dass Google je nach Standort unterschiedliche Karten- und Suchergebnisse ausspielt. Dadurch verändert sich nicht nur das Weltbild, sondern auch die Informationsgrundlage für Millionen von Nutzern in Milliarden von Recherchen.
Dass Karten nie wirklich neutral waren, zeigt der Geograf J. B. Harley in seiner einflussreichen Analyse “Deconstructing the Map”. Laut Harley sind Karten nicht nur eine Repräsentation der Realität, sondern auch Instrumente der Macht. Sie sind „sowohl Produkte als auch Produzenten kultureller Werte“. In der Vergangenheit wurden Landkarten strategisch genutzt, um politische Ansprüche zu untermauern, Grenzen zu verschieben oder nationale Identitäten zu formen.
Heute sind es nicht mehr klassische Landkarten zum Ausrollen, sondern Plattformen wie Google Maps, die diese Macht besitzen. Ob die Krim als russisches oder ukrainisches Territorium angezeigt wird, ob das Westjordanland als eigenständiges Gebiet oder unter israelischer Kontrolle erscheint: all diese Darstellungen variieren je nach Nutzerstandort. Nun folgt der Gulf of America, der durch die Digitalisierung plötzlich zur Realität wird. Wir wissen, wie es dazu kam und hinterfragen diesen Namen. Für junge Erstnutzer und User außerhalb der Nachrichtensphäre rund um Amerika werden hier aber Fakten geschaffen.
Doch nicht nur das Meer zwischen den USA und Mexiko wurde umbenannt. Auch der höchste Berg Nordamerikas, Denali, kehrt für US-Nutzer zu seinem kolonialen Namen Mount McKinley zurück. Diese Rückbenennung ist mehr als eine symbolische Entscheidung. Während die Umbenennung in Denali 2015 als Anerkennung indigener Traditionen gefeiert wurde, stellt Trumps Entscheidung eine neue Machtfrage: Wer bestimmt, welche Namen sich durchsetzen? Und welche Rolle spielen dabei Plattformen wie Google?
Die jüngsten Veränderungen bei Google Maps zeigen, dass Karten nicht nur Abbildungen der Realität sind, sondern diese auch formen. Wer die Deutungshoheit über geografische Begriffe besitzt, bestimmt auch, wie Menschen die Welt sehen können. Google ist längst nicht mehr nur ein technischer Dienstleister, es ist ein politischer Akteur, der mit seinen Karten digitale Realität schafft. Auch über die Grenzen der “sensitive Countries” hinaus.

Gerald Hensel via LinkedIn
So wie für das UK wird der alternative Name der Vereinigten Staaten auch in Deutschland ausgespielt, falls Du gerade schon einen neuen Tab aufgemacht hast ;) Das ist vor dem Hintergrund spannend, dass diese Regelung normalerweise zur Spezifikation eingesetzt wird, wenn es mehrere Orte mit gleichem Namen gibt. Siehe Frankfurt (Main) und Frankfurt (Oder).
Würde diese Praxis konsequent so durchgezogen werden wie im Falle des Golfs von Mexiko, bräuchten wir deutlich mehr Klammern in Google Maps. Zum Beispiel wird Danzig in Polen bei uns mit eben diesem Namen angezeigt, bräuchte dann aber den Zusatz aus dem Polnischen: “Gdańsk”. Noch komplizierter wird es, wenn es unterschiedliche Bezeichnungen in mehr als einer Sprache gibt. Zum Beispiel beim Ärmelkanal (English Channel im UK, La Manche in Frankreich).
Wahrscheinlich wurde sich hier aber auch noch nicht beschwert. Es wäre spannend zu sehen, wie Google reagiert, wenn jedes Land auf die Durchsetzung seiner Namenskonventionen so pochen würde, wie es die Vereinigten Staaten tun. Eine Welt voller “sensitive Countries”.
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Entschleunigung als Gegenentwurf: Wege aus der Rastlosigkeit |
In unserer Newsletter-Ausgabe #244 habe ich bereits erste Gedanken dazu geteilt, "Warum wir uns immer gehetzter fühlen – und was dahinter steckt". Wir haben uns angeschaut, wie die zunehmende Hektik unserer Zeit nicht nur unseren Alltag prägt, sondern auch unsere Art zu denken und Entscheidungen zu treffen. Doch eine Diagnose reicht nicht. Wenn uns das Tempo der Welt erschöpft, stellt sich die Frage:
- Wie entkommen wir dem ständigen Dauerrauschen?
- Wie gewinnen wir Klarheit und Ruhe zurück?
Es wäre zu einfach zu sagen, wir bräuchten mehr Zeit. Die Wahrheit ist: Mehr Zeit bringt nichts, wenn wir sie genauso vollstopfen wie die Stunden, die wir schon haben. Die Lösung liegt nicht in Quantität, sondern in Qualität – darin, unser Leben auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Zeit setzt uns Grenzen – jeder Tag hat nur 24 Stunden. Doch anstatt diese Grenze zu akzeptieren, tun wir alles, um sie zu umgehen – wir arbeiten länger, schlafen kürzer, optimieren unsere Tage mit To-do-Listen und Effizienz-Hacks. Das ist teils durchaus schlau (insbesondere im Arbeitskontext), aber auch nur die halbe Wahrheit. Denn nicht alles, was getan werden kann, sollte auch getan werden.
Leben bedeutet entscheiden. Jedes ‘Ja’ ist ein tausendfaches ‘Nein’.
Doch wann sage ich am besten was?
Prioritätenmanagement: Woran richte ich mein Leben aus?
Stephen Covey geht in seinem Bestseller "Die 7 Wege zur Effektivität" tiefer auf diese Frage ein. Dabei lädt er seine Leser:innen zu einer spannenden Übung ein: Schreib Deine eigene Grabrede! Damit verbunden stehen die Fragen:
- Was sollen die Menschen über Dich sagen?
- Wofür willst Du eigentlich stehen?
- Nach welchen Werten und Prinzipien willst Du leben?
Sind die eigenen Wünsche und Ziele erstmal definiert, lässt sich wesentlich besser priorisieren. Und hier verweist Covey auf die allseits bekannte Eisenhower-Matrix (mehr dazu siehe auch in meinem Podcast zum Prinzip der Prioritäten). Diese zwingt uns, zwischen wichtig und dringend zu unterscheiden.

Vieles, was unseren Alltag dominiert, ist nur deshalb so präsent, weil es laut ist – E-Mails, Meetings, To-dos, Benachrichtigungen. Aber wirklich entscheidend für unser Leben sind oft Dinge, die nicht drängen: Beziehungen, Kreativität, innere Klarheit.
Deshalb brauchen wir Strategien, um uns bewusst gegen den Lärm zu entscheiden. Hier sind vier Wege, wie man der Rastlosigkeit entkommen kann. Ich bin hier selbst noch auf Entdeckungsreise, aber ich hoffe, die folgenden Gedanken inspirieren Dich, um immer weniger getrieben zu sein:
1. Schaffe Dir Zeiten der Stille und Einsamkeit
In einer Microsoft-Umfrage gaben 77 % der jungen Erwachsenen an, dass sie automatisch zum Smartphone greifen, sobald sie nichts zu tun haben. Das kenne ich nur zu gut – und Du bestimmt auch.
Das Problem dabei: Wir haben verlernt, mit Langeweile umzugehen. Wir halten Stille nicht mehr aus. Es muss immer was los sein, sonst werden wir nervös. Vielleicht ist Stille genau das, was uns fehlt.
Es gibt zwei Arten von Stille: die äußere und die innere Stille. Die Äußere ist selbsterklärend: kein Lärm, keine Ablenkung, Ruhe. Die Innere ist durchaus schwieriger zu erklären, als auch zu erreichen. Ich würde es als Zugang zu sich selbst, den eigenen Gedanken und Gefühlen beschreiben. Und die spielen manchmal verrückt.
Dabei zu bedenken: Während sich Außengeräusche mit Kopfhörern oder geschlossenen Türen ausschalten lassen, gibt es für den inneren Lärm keinen Off-Schalter. Doch oft übertönen wir den inneren Lärm mit Äußerem.
Daher bedarf es Stille. Stille und Einsamkeit. Einsamkeit bedeutet dabei übrigens nicht Isolation. Sie ist kein Mangel, sondern eine Möglichkeit. Richard Foster (Theologe, Universitätsprofessor und Autor) beschreibt es treffend:
„Alleinsein ist innere Leere. Einsamkeit ist innere Erfüllung.“
Wir brauchen Räume, in denen wir allein mit unseren Gedanken sein können – ohne Ablenkung, ohne Unterhaltung. Dann entsteht echter Raum für Reflexion.
Wie kann das aussehen?
1. Die 60-Sekunden-Stille-Challenge: Setze Dir bewusst 60 Sekunden Stille als tägliche Übung.
- Öffne keine App, lies nichts, schau nicht auf Dein Handy.
- Einfach nur sitzen, atmen und beobachten, was passiert.
- Falls Du unruhig wirst: Zähle Deine Atemzüge.
➡️ Steigerung: Erhöhe nach einer Woche auf 2, dann 3 Minuten.
2. Der stille Spaziergang: Mache einmal pro Woche einen Spaziergang ohne Podcast, ohne Musik, ohne Ablenkung.
- Gehe ohne Ziel, einfach um zu gehen.
- Nimm bewusst wahr, wie Du Dich fühlst.
➡️ Variation: Falls Dir Stille unangenehm ist: Fang mit 10 Minuten an und steigere es.
2. Mache regelmäßig Pausen – einen Tag pro Woche
Wie viele Stunden pro Woche kann ein Mensch arbeiten, ohne dass die Produktivität leidet? 60? 70? Eine Studie hat gezeigt: Nach 50 Stunden geht die Produktivität! Das fand ich spannend, denn 50 Stunden entsprechen in etwa einer 6-Tage-Woche (6 × 8 Stunden).
Daraus ziehe ich folgende Schlussfolgerung: Könnte es sein, dass es eine gute Idee ist, wenn wir uns an einem Tag pro Woche eine radikale Pause gönnen? Einen Tag, an dem wir nichts tun. Kein Job, keine Hausarbeit, keine Erledigungen. Einfach 24 Stunden, um das Leben zu genießen und uns auf die Dinge zu konzentrieren, die uns wichtig sind.
Denn wenn wir nur noch arbeiten, wirtschaften wir uns zugrunde. Wir werden mehr zur Maschine als zum Menschen.
Das, was uns im Leben bekanntlich wichtig ist, hat meist mit Beziehungen zu tun. Es geht darum, Zeit mit den Menschen zu haben, die uns wichtig sind. Gespräche, Gedanken, Erfahrungen, die nicht zwischen zwei Meetings gequetscht werden müssen. Und dafür sollten wir uns Qualitätszeit nehmen. Einen Tag pro Woche. Mindestens.
3. Lerne Genügsamkeit – reduziere Dein Wollen
„Das Streben nach Besitz ist ein Motor für Rastlosigkeit.“
– Alan Fadling
Wir leben in einer Welt, die uns ständig mehr Wünsche einflüstert, als wir wirklich brauchen. Werbung will uns glauben lassen, dass wir nur noch eine Anschaffung vom Glück entfernt sind. Doch jeder neue Besitz kostet nicht nur Geld, sondern auch Zeit – Zeit für Pflege, Wartung, Verwaltung.
Die Lösung ist nicht Verzicht, sondern Fokus. Einfachheit bedeutet nicht, mit weniger auszukommen, sondern das zu priorisieren, was wirklich zählt.
Es ist leicht, sich auf das zu konzentrieren, was fehlt. Aber Zufriedenheit entsteht nicht durch mehr, sondern durch die Fähigkeit, das Weniger zu genießen.
4. Suche Gelegenheiten zur Entschleunigung
Wir sind es gewohnt, jede Wartezeit zu überbrücken – mit Scrollen, Lesen, Antworten auf Nachrichten. Doch was wäre, wenn wir bewusst Gelegenheiten zum Warten suchen?
Wie meine ich das?
1. Die Warteschlangen-Regel: Überbrücke Wartezeiten nicht mit Ablenkung.
- In der Kassenschlange? Kein Handy.
- An der Ampel? Keine Musik wechseln.
- Nutze die Gelegenheit, Deine Umgebung bewusst wahrzunehmen.
➡️ Tipp: Falls es schwerfällt, konzentriere Dich auf einen kleinen Sinneseindruck (z. B. „Welche Geräusche nehme ich gerade wahr?“).
2. Digital Detox Light: Leg Dir kleine Digital-Pausen in den Alltag.
- Kein Handy in den ersten 30 Minuten nach dem Aufstehen.
- Eine Stunde vor dem Schlafen: Bildschirmfrei.
- Essenspausen ohne Smartphone.
➡️ Steigerung: Ein fixer „Offline-Abend“ pro Woche.
Es klingt banal, aber solche Mikro-Entschleunigungen trainieren uns darin, langsamer zu werden. Und langsamer bedeutet nicht schlechter. Langsam bedeutet bewusst. Langsam bedeutet, wirklich da zu sein.
Fazit: Jeder Moment ist ein Geschenk
Am Ende ist es eine Frage der Perspektive. Wir werden die Zeit nie kontrollieren können – aber wir können entscheiden, was wir mit ihr tun.
Jeder Tag ist eine Chance. Jede Stunde eine Gelegenheit. Jeder Moment ein Geschenk.
Es liegt an uns, unsere Zeit nicht mit Dingen zu füllen, die uns leer zurücklassen – sondern mit dem, was uns wirklich erfüllt.
P.S. Wenn Du das Thema spannend findest, haben Philipp und ich die folgenden Buchtipps für Dich dazu:
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Fragen? Immer gerne fragen!
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Wir sind für Dich da.
Schreib uns gern jederzeit
eine E-Mail an [email protected] oder
ruf uns einfach kurz an: +49 40 22868040
Bis bald,
Deine Wingmenschen
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Anckelmannsplatz 1, 20537 Hamburg, Germany
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