Pillar-Content - Gute Inhalte haben kein Verfallsdatum
Buzzwords wie WDF*p*IDF und holistische Inhalte hört man als SEO ständig - und jetzt kommt auch noch “Pillar-Content” um" die Ecke. Was ist das überhaupt für ein Wort? Und was kann Pillar-Content mehr als “normaler Content”? Höchste Zeit, sich einmal mit den unterschiedlichen Formaten, Anforderungen und Einsatzzwecken zu beschäftigen.
Die Zeiten, in denen vor allem die Länge und Keyworddichte in Briefings für Texte eine Rolle spielen, sind zum Glück schon lange Geschichte, obwohl immer noch viele Negativbeispiele live im Netz zu bestaunen sind. Heute lassen sich im SEO neben den inhaltlichen Anforderungen und dem Einsatzzweck bei Artikeln drei Formate unterscheiden:
- Der klassische Artikel: Keine spezifische Wortanzahl, aber ein Haupt-Thema (Keyword) und mehrere weiterführende, ergänzende, Synonyme. Dazu eine klare Tonalität, abgerundet durch einen Aufklärungsauftrag beziehungsweise das dem Thema zugrunde liegende Nutzerinteresse.
- Der holistische Artikel: Ähnlich dem klassischen Artikel. Nur das es sein Auftrag ist, das Thema vollumfänglich in allen Facetten zu erklären, zu beleuchten und zu diskutieren. Dies resultiert meist in einem vergleichsweise längeren Beitrag. Viel hilft vermeintlich viel.
- Der Pillar-Content: In der journalistischen Ausbildung würde man das Format wohl eher als Rahmenartikel bezeichnen, was zeitgleich auch das schönere Wort ist. Mal Ernsthaft - Pillar-Content? Och nö, lasst uns besser Rahmenartikel sagen. Wir toben uns in diesem Artikel ein letztes Mal mit diesem Wort aus und sprechen danach nie wieder drüber, ok? Dieser stellt das Thema und seine unterschiedlichen Facetten in der vollen Breite dar, ohne in die Tiefe zu gehen. Die Details werden in Spezialartikeln ausgeführt, auf die der Pillar-Content verweist. So bietet er den Lesern Orientierung und ordnet die einzelnen Stücke in den Gesamtkontext ein.
Etymologische Randnotiz: Der Begriff Pillar kommt von dem englischen Wort Säule und wird in aller Regel für den Rahmenartikel verwendet. Das ergibt wenig Sinn, da der Rahmenartikel von den untergeordneten Artikeln getragen wird und eher das Dach, das von den Säulen getragen wird, aber auch die Säulen verbindet darstellt. Abgesehen von der irreführenden Bezeichnung geht es nicht um ein bestimmtes Content-Format sondern vielmehr um die Verortung verschiedener Formate in einer Struktur.
So unterscheiden sich die drei Artikel-Formate voneinander:
Artikel | holistische Artikel | Rahmenartikel | |
---|---|---|---|
Länge | + | +++ | ++ |
Wirkung der Verlinkung | + | + | +++ |
Ziel viele Keywords / Subthemen abzudecken | - | ++ | + |
Komplexität des Briefings | + | ++ | +++ |
Aufwand zur Erstellung von Verlinkung | + | ++ | +++ |
Intervall der Aktualisierung | ++ | ++ | +++ |
Pillar-Content kann induktiv oder deduktiv entwickelt werden: Je nach Content-Strategie ist es sinnvoller mit der Erstellung von Detail-Artikeln zu beginnen und sie in einem Rahmenartikel nachträglich zusammenzubinden oder umgekehrt mit dem Rahmenartikel zu beginnen und Schrittweise länger werdende Abschnitte in Detail-Artikel auszulagern.
Bevor wir uns den Details eines Rahmenartikels und seiner Erstellung nähren, ist es wichtig zu verstehen warum Pillar-Content aktuell so ein (un)beliebtes Buzzword im Content Marketing ist.
Evergreen Content
Hintergrund ist, dass sich immer stärker der Ansatz von Evergreen-Content durchsetzt: Es werden in Summe weniger Artikel produziert. Diese sind langfristiger thematisch relevant und werden kontinuierlich entwickelt, aktualisiert und optimiert. Zuvor war es üblich, beständig neue Inhalte zu produzieren. Etwaige Redundanzen, Doppelungen und Überschneidungen zwischen neueren und älteren Artikeln wurden dabei in Kauf genommen - im Google-News-Geschäft sogar bis heute in Form von Republizierungen forciert, um den Output zu erhöhen. Dieses Vorgehen verspielt jedoch enorm viel Potential im organischen Traffic oder macht die regelmäßige Auditierung des Gesamtinventars erforderlich. Im Rahmen dessen werden alle Inhalte auf ihre fortbestehende Relevanz hin überprüft und je nachdem aktualisiert, optimiert, konsolidiert, gesplittet, weitergeleitet oder gelöscht. Ein genaues Vorgehen hierbei hat Johan in seinem Beitrag zum Löschen von Inhalten beschrieben. Der Vorgang ist allerdings mitunter sehr mühevoll und weckt den Wunsch nach einem effizienteren Ansatz.
Rahmenartikel bieten die Möglichkeit
- Flexibler mit Content umzugehen
- Detail-Artikel Schritt für Schritt zu entwickeln
- Aktuelle Entwicklungen in einem größeren Ganzen zu präsentieren
Rahmenartikel sind das Bindeglied zwischen Detail-Artikeln in einer Evergreen-Content-Strategie.
Lesern bieten sie eine Anlaufstelle, an der sie
- Aktuelle Entwicklungen angerissen bekommen
- Einen Überblick erhalten
- Sich in tiefere Detail-Ebenen arbeiten können
Im Gegensatz zum holistischen Ansatz will der Pillar-Content nicht alle Fragen selbst beantworten. Das Ziel ist es, dem Leser Orientierung in seiner Customer Journey zu bieten und die Klärung von Detailfragen den Spezialartikeln zu überlassen. Die Nutzung von Pillar-Content erzeugt dadurch mehr Seitenaufrufe als ein holistischer Artikel, da er die Besucher in die für sie interessanten tiefergehenden Inhalte führt. Dies gilt es je nach Monetarisierungsstrategie im Hinterkopf zu behalten. Gleichzeitig werden sie nicht mit für ihn weniger relevanten Informationen überfrachtet, was bei holistischen Inhalten schnell passieren kann. Der Leser behält quasi die Kontrolle über den Detailgrad in denen er Subthemen konsumieren möchte.
Kurz: Es sind die Themenseiten, von denen SEOs bisher immer geträumt haben. Die nicht nur Teaser auf andere Artikel einbinden, sondern selbst ein wachsender Artikel sind, der kontinuierlich aktualisiert wird und eine eigene Daseinsberechtigung hat.
Pillar-Struktur - Merkmale und Besonderheiten
Der Aufbau der Pillar-Struktur ist denkbar einfach und eigentlich auch nicht aufregend oder neu: Ein Inhalt behandelt ein Hauptthema und verweist auf dazugehörige Unterthemen. Verbindungen zwischen den Dokumenten werden möglichst mittels einer redaktionellen Verlinkung realisiert. Spannend wird dieses Format bei einer Betrachtung im zeitlichen Verlauf: Jeder Inhalt wird regelmäßig auf Aktualität geprüft und wenn erforderlich stetig und konsequent überarbeitet. So entsteht ein echter Mehrwert für den Leser, der in Form guter Positionierungen seitens Google honoriert wird und als Resultat für mehr Konversionen beim Website-Betreiber sorgt. Hurra!
Bevor vorzeitig der Luxusurlaub auf Aruba gebucht wird sollte man sich bewusst machen, das weniger die initiale Erstellung als vielmehr die regelmäßige Analyse, Optimierung und Erweiterung der Inhalte eine nicht zu unterschätzende Herausforderung darstellt.
Elemente und Aufbau der Pillar-Struktur
In der simpelsten Ausführung besteht die Pillar-Struktur aus zwei unterschiedlichen Dokumenttypen:
- Ein Rahmenartikel: Behandelt das Hauptthema
- Mehrere Child-Artikel: Geht detailliert auf eine Facette des Themas ein
Der Rahmenartikel: Hauptthema
In altbekannten Formaten wie dem Themen-Hub oder dem holistischen Artikel werden alle relevanten Inhalte zu einem Thema aufgelistet oder das Thema in einem umfassenden Beitrag ganzheitlich erschlagen. Im Gegensatz dazu stellt der Rahmenartikel Informationen zu einem Thema in einem in sich geschlossenen Text dar, ohne dabei zu sehr in die Tiefe zu gehen. Seine Funktion ist es, das Hauptthema und all seine im Vorfeld selektierten Facetten zu umreißen. So sollen Leser neugierig darauf gemacht werden, sich tiefer mit den Details der einzelnen Facetten zu beschäftigen und auf die entsprechenden Child-Artikel zu klicken. Die einzelnen Facetten sollten wiederum thematisch gruppiert werden. Die so entstandenen Unterthemen gliedern den Text und werden als Überschriften (H2) ausgezeichnet. Es bietet sich an diese zusätzlich als Ziele einer Sprungmarkennavigation zu nutzen. Verständliche, gut strukturierte Überschriften und eine darauf basierende Navigation geben Orientierung machen umfangreiche Inhalte besser konsumierbar.
Die Inhalte der Sprungmarkennavigation sollten sich in Abhängigkeit der Position an der User sich aktuell befinden dynamisch ändern. Neben der Orientierung werden auf diesem Weg Anreize gesetzt sich die weiteren Inhalte anzuschauen.
Ein Beispiel einer dynamischen Navigation auf Basis von Sprungmarken kann man sich hier anschauen: Codepen
Child-Artikel: Das einzelne Thema in der Tiefe
Im Gegensatz zum Rahmenartikel gehen die Inhalte auf Child-Artikeln in die Tiefe und sind für Rankings im Longtail-Bereich prädestiniert. Inhaltlich weisen Child-Artikel keine nennenswerten Besonderheiten auf.
Bei der Auswahl der Themen hingegen sollte sichergestellt werden, dass das Nutzerinteresse über einen längeren Zeitraum bestehen bleibt. News als Child-Artikel in einer Pillar-Struktur aufzubereiten verbietet sich allein aufgrund des zu betreibenden Aufwands.
Eine reziproke Verlinkung zwischen Rahmenartikel und Child-Artikel ist Pflicht. Denn nur so gelangen die Leser vom übergeordneten Beitrag ins Detail. In welchem Ausmaß die einzelnen Gruppen der Child-Artikel untereinander verlinkt werden ist individuell und hängt sowohl vom Thema als auch vom Ziel des Inhalts ab. Daher lässt sich hier keine allgemeine Empfehlung aussprechen, da diese einigen Modellen nicht gerecht werden würde.
Verlinkung, Navigation, Orientierung und Userführung innerhalb der Pillar-Struktur
Bei dem Gedanken an die vielfältigen Möglichkeiten der themenrelevanten internen Verlinkung innerhalb einer Pillar-Struktur wähnt sich der gemeine SEO sofort im siebten Himmel. Betrachtet man die Pillar-Struktur im Kontext einer zielgerichteten Nutzerführung ergeben sich einige Fragen.
Verlinkungskonzept innerhalb der Pillar-Struktur
Der Erfolg von Pillar-Strukturen basiert auf der Verlinkung von Inhalten, die eine hinreichende thematische Nähe aufweisen.
Verlinkung der Pillar-Struktur innerhalb einer bestehenden Seite
Auch die schönste Verlinkung innerhalb der Pillar-Struktur ist nichts wert, wenn diese nicht richtig in die Webseite eingebunden ist. Die Inhalte der Pillar-Struktur können und sollten nämlich nicht nur dort genutzt werden. Sinnvoller ist es diese als Ergänzung zur bestehenden internen Verlinkung und als weitere Einstiegsmöglichkeit sehen.
Dies lässt sich gut am Beispiel eines Magazins erläutern: diese zeichnen sich durch eine vergleichsweise hohe Frequenz stetig neuer Inhalte aus. Solange die Inhalte neu sind, werden sie auf der Startseite und auf Kategorieseiten verlinkt. Im Laufe der Zeit rutschen die einzelnen Artikel auf Paginierungsseiten und erhalten so stetig immer weniger wertvolle Links. Das spiegelt sich auch in dem Lebenszyklus eines klassischen Artikels wider.
Um die Pillar-Struktur mit wertvollen Links zu versorgen, bietet es sich an Child-Artikel als ganz normale Artikel zu behandeln. Nach Veröffentlichung oder Aktualisierung sollten diese wie jeder andere Artikel behandelt und verlinkt werden.
Neben dem Verlinken der Child-Artikel auf Start-, Kategorie- oder Tag-Seiten sollten weitere themenrelevante Inhalte identifiziert werden und zur Verlinkung der Child-Artikel, als auch des Rahmenartikels genutzt werden.
Schritt für Schritt: Analyse, Konzeption und Prozess
Am Anfang war das Wort die Themenrecherche…
Genug der Theorie - die folgenden Schritte geben Hilfestellungen bei der Entwicklung eines Prozesses:
Analyse
- Themenrecherche
- Wettbewerbsbetrachtung / Content Gap Analyse (optional)
- Selektion der Fokusthemen
- Bestandsaufnahme (Verwandte Inhalte identifizieren und zu Themen zusammenfassen | Bewertung und Umgang mit bestehenden Inhalten)
Konzeption
- Abgrenzung zwischen Hauptthema, Unterthema und Detail
- Definition der Zielsetzung der einzelnen Content-Pieces
- Konzept zur Verlinkung innerhalb der Pillar-Struktur
- Konzept zur Integration in eine bestehende Seite
Prozess
- Regelmäßige Bewertung der Performance sämtlicher Inhalte
- Beobachtung des Interesses innerhalb der Themengruppen
- Stetige Erweiterung und Aktualisierung der Themenfelder
Fazit
Immer frische Inhalte? SEO taugliche Struktur? Warum nicht!
Betrachtet man die Möglichkeiten, die sich ergeben ausschließlich durch die rosarote SEO-Brille, dann scheint die Antwort klar.
Einige Punkte sollten aber unbedingt berücksichtigt werden:
- Habe ich ausreichende Ressourcen oder fällt es mir auch jetzt schon schwer für mich wichtige Themen in gute Inhalte zu verwandeln?
- Gibt es überhaupt Themen, die ich sinnvoll aufgreifen kann und wie hoch ist der Aufwand, den ich betreiben muss um mich zu positionieren?
- Zahlt das eigentlich auf meine Ziele ein?
- Nimmt meine Zielgruppe Inhalte in diesem Format an oder kann ich damit eventuell sogar neue Leser erschließen?
Eine abschließende Bewertung kann wie üblich nur individuell erfolgen. Immer wieder diskutieren wir die Sinnhaftigkeit solcher Formate mit unseren Kunden. Machmal gibt es bessere Alternativen.
Falls auch Du Unterstützung bei der Entwicklung eines Prozesses, der Suche nach dem richtigen Thema oder eine zweite Meinung benötigst, dann frag uns jederzeit gerne.
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