Wirklich wahres Wingmen SEO Wissen für wache Webmarketer #260 |
|
|
🌤️ SEO zwischen Feiertagsmodus und Vollgas |
Pfingsten war leicht, schön und lang genug, um dem Alltag kurz zu entkommen, aber nicht lang genug, um ihn loszuwerden.
Daher liefern wir Dir heute einen sanften Einstieg zurück in den Alltag, ohne Schockstarre, aber mit fünf Portionen SEO-Lesestoff, die besser wirken als ein doppelter Espresso auf nüchternen Magen.
Diese Woche mit dabei:
- Juni-Johan pustet frischen Wind in die Auswirkungen von KI auf SEO und die Notwendigkeit neuer Strategien.
- Missions-Matt predigt darüber, dass Aufwand kein Qualitätsmerkmal ist.
- Klartext-Kriemhild beleuchtet, warum SEO auch mit KI weiter relevant bleibt.
- Neuigkeiten-Nils liefert Erkenntnisse über den Verlust von Lese- und Schreibfähigkeiten durch KI und Social Media.
- Dynamik-Darius erzählt von Denkfehlern bei der Teamarbeit.
Und Du? Schüttel das Rest-Wochenende aus den Knochen und genieß unsere ersten Denkanstöße für die neue Woche.
Viel Spaß beim Wachwerden!
Deine Wingmenschen
PS: Ab Donnerstag sind wir zu sechzehnt auf der Campixx. Ein ganzer Wingmensch-Schwarm in freier Wildbahn! Wenn du uns siehst: Gerne ansprechen. Wir freuen uns auf echte Gespräche und Expertenaustausch.
|
|
Hey SEO, wir müssen reden. Über AI, SEO und den ganzen Rest. |
Hey Du,
Ja, Du!
Komm doch mal her.
Ich weiß: Du hast es eilig.
Du hast ja auch viel zu tun:
- Die Frage vom Chef, ob der Umsatzrückgang saisonal bedingt ist oder was mit AI Overviews zu tun hat.
- Das Jahr ist halb vorbei und von den strategisch wichtigen To-dos wurde erst eines umgesetzt.
- Die SEO-News prasseln nur so auf einen ein. Und bei AI willst Du auch am Ball bleiben.
Ich versteh’ das.
Ist alles nicht einfach.
Aber genau darüber möchte ich kurz mit Dir sprechen.
Aktuell läuft SEO mal wieder im Panikmodus:
- AI kostet uns die SEO-Jobs, denn wir werden alle wegautomatisiert.
- AI macht die Suche kaputt und wir brauchen kein SEO mehr. (Und Google stirbt.)
- SEO ist doch eh nur (Clicks|Backlinks|blablabla) und das kann man kaufen und damit ist SEO tot.
Das ist wirklich total putzig, wie alle gerade hektisch herumlaufen und streiten, ob SEO jetzt GEO oder AIO heißen sollte, um überleben zu können. Aber niemand wirklich über die Inhalte spricht.
Wie viele Anfragen ich in den letzten Wochen hatte, um zu beantworten, ob denn AI Overviews jetzt Traffic gekostet haben? Ungefähr 10. Bei wie vielen war ein relevanter Traffic-Impact nachweisbar? Bei keinem Projekt. Ja, mal ist bei einzelnen Keywords was weggefallen, aber im Großen und Ganzen? Nein.
Dann kommen lustige Studien überall um die Ecke. Als symptomatisches Beispiel INMA: As Search Ends for News, Here Is What's Next
Da heißt es dann:
Between May 2024 and February 2025, traditional search traffic dropped by more than 64 million referrals, while referrals from AI chatbots like ChatGPT and Perplexity increased by only 5.5 million — not nearly enough to offset the loss. At the same time, nearly 59% of Google searches in the United States and just under 60% in the European Union now end without a click, as users choose to consume information directly in AI-generated summaries.
Zwischen Mai 2024 und Februar 2025 sind in Europa die Zero-Click-Searches auf 60% gestiegen. Wegen AI Overviews. Du stellst Dir bestimmt dieselbe Frage wie ich: Wie können die AI Overviews für die Zero Click Searches in Europa verantwortlich sein, wenn sie zum Zeitpunkt der Erhebung noch gar nicht in Europa verfügbar waren (also ohne die Account- und VPN-Umgehungen, die einzelne europäische SEOs unternommen haben, um sich die US-SERPS anzusehen)?
Lass Dich nicht ANSCHREIEN. Unsicherheit wird bewusst geschürt, weil damit Ziele erreicht werden sollen
Das ist das Informations-Qualitäts-Level, auf dem Du gerade von allen Seiten angeschrien wirst. Das Ziel: Du sollst in Panik geraten. Warum? Weil Deine Panik es einfacher macht die Ziele desjenigen zu erreichen, der da schreibt:
- Wenn Du dem Rebranding von SEO folgst, dann ranken da auf einmal andere Unternehmen.
- Die Änderungen in der Suchmaschinenoptimierung geben einen neuen Raum, um neue Autorität zu gewinnen.
- Deine Panik macht es leicht, Dir etwas zu verkaufen.
Und ich gebe es zu: Ich bin auch aktuell aufgeregt und etwas euphorisch bei der Bewegung, in die gerade alles gerät: Wir können nicht nur viele nervige Aufgaben auf einem ganz neuen Qualitätsniveau loswerden. Sondern es gibt neue Räume für die Entwicklung von Autorität.
Ich empfehle Junior SEOs, die sich einen Namen machen wollen, immer die Augen aufzuhalten. Wenn es neue Social Networks gibt, dann ist es wahnsinnig einfach dort zu den Top-Community-Migliedern zu werden und das entweder dann auf andere Netzwerke zu übertragen, oder mit dem Netzwerk zu wachsen.
Die Unsicherheit ist real.
Aber egal, wie groß die Euphorie ist. Fakt ist, wir haben die größte Unsicherheit seit Jahren:
- Wird Google im Kampf um User bestehen? Oder machen ChatGPT, Deepseek und Claude das Rennen vor Gemini und AI Mode/Overviews?
- Werden Menschen noch suchen? Oder wird jetzt alles conversational?
- Wird es noch Webseiten geben? Oder machen Agenten jetzt alles?
Auf der Google I/O (ja, ich muss das auch noch alles gründlich nacharbeiten) hat Google den AI Mode für US gelauncht.
Die Artikel dazu sind — irgendwie fehlt mir dazu der richtige Begriff:
Barrons: Google ist doomed. Süße Innovation, aber noch lange nicht genug.
But the longer Alphabet waits to lean in to AI, the worse off the company will be in the long run.
Hier ist die Kritik also, dass Google das mit der AI alles zu zögerlich betreibt, um ernst genommen zu werden.
Der Standard: Googles radikaler Umbau der Suchmaschine ist ein echtes Problem für das restliche Web
Wenn jetzt Google die Suchmaschine immer stärker auf KI zuschneidet, dann könnte das dem werbefinanzierten Web in seiner bisherigen Form den Rest geben. Wer weiß, vielleicht entsteht daraus etwas Neues, frische Konzepte, ein besseres, anderes Web. Das wäre die hoffnungsvolle Perspektive, gleichzeitig besteht aber die Gefahr, dass vieles von dem, was es bisher gibt, verschwinden wird.
Hier killt Google jetzt das mit den Innovationen (die zu weit gehen) das offene Web. Und Heise gibt umfangreich die Position der NMA (Konkurrenzverband zu INMA) wieder:
Heise: „Verleger: Googles neuer KI-Suchmodus entspricht "der Definition von Diebstahl"“
Googles KI-Modus "stehle" seine Antworten, beklagt die NMA. Der Suchmaschinenkonzern generiere diese mit Publisher-Inhalten, ohne dafür eine Vergütung zu leisten und ohne eine effiziente Opt-out-Möglichkeit anzubieten. Verleger könnten ihre Inhalte nur komplett aus dem Training der KI-Modelle herausnehmen, würden dann aber gar nicht mehr in den Suchergebnissen auftauchen. Dies sei eine untaugliche Lösung, insbesondere für kleinere Medienunternehmen.
Aus Unwissenheit oder Absicht. Faktenfreiheit und Faktenignoranz sind keine Basis für solide Problemlösung.
Und ja, man kann wirklich mit guten Argumenten der Überzeugung sein, dass der AI Mode Traffic aus dem Open Web zieht. Nicht zuletzt, wenn der AI Mode jetzt auch die Warenkorb- und Checkoutfunktion übernimmt.
Aber: zwei zentrale Punkte scheinen INMA und NMA zu vergessen:
- Die wichtigste Trafficquelle für die meisten Publisher ist nicht die Google-Suche, sondern Google Discover und selbst bei News-relevanten Queries findet Google AI Overviews nicht so sinnvoll (kann natürlich jederzeit anders aussehen)
- Wie Du weißt, gibt es eine Opt-Out-Option. Man muss einfach nur ein data-nosnippet um die Inhalte binden, die man nicht für AI Overviews (oder dem AI Mode, Gemini, etc.) zur Verfügung stellen möchte:
This applies to all forms of search results (at Google: web search, Google Images, Discover, AI Overviews, AI Mode) and will also prevent the content from being used as a direct input for AI Overviews and AI Mode.
Die Einschränkung direct input verstehe ich als „Vom Training schließt Du damit das Ganze nicht aus. Dafür müsstest Du entsprechend Noindex oder robots.txt verwenden.“ und weniger als Hintertür. Wobei interessant ist, dass tatsächlich ein Ausschluss von Google-Extended in der GSC notwendig ist, um das Grounding für Gemini (und damit vermutlich auch vom AI Mode) auszuschließen.
Wie auch immer: Ein Ausschluss von Inhalten von Googles AI-Features und vom Training der AI-Modelle ist mit einer einfachen Anpassung im HTML und zwei Zeilen robots.txt getan, wenn man das möchte.
Traffic für Publisher kommt über Discover
Und ich verstehe ja, dass Publisher das alles schwierig finden. Trotzdem bin ich mir relativ sicher, dass Peak Traffic 2024 2025 noch überholt wird. Google Discover Desktop wird nicht die Reichweite von Google Discover verdoppeln. Aber sagen wir ⅓ mehr Clicks über Google Discover durch Desktop-Integration in Chrome? Vielleicht auch nur ¼? In jedem Fall würde das spürbar den Publisher-Traffic massiv pushen.
Und selbst wenn nicht: Es ist erstaunlich, dass jetzt Google für das Siechtum der Verlage angeprangert wird. Soziale Netzwerke bringen schon lange keinen Traffic mehr („Den Link zum Artikel in den Kommentaren“ – my ass). Suche bringt auch kaum Traffic. Nicht, weil Google den nicht abgeben will, sondern weil Suche im Vergleich zu Discover einfach kaum noch relevant ist.
Eine Basis ist da
Doch von den Publishern noch mal zurück zu Dir und mir:
Wenn gerade alles unsicher ist und wir nicht panisch werden wollen, aber gleichzeitig nicht die Augen verschließen, dann müssen wir uns auf ein paar grundsätzliche Prinzipien einigen:
- Es wird immer Menschen geben, die ein Bedürfnis haben.
- Ein Teil dieser Menschen wird sein Bedürfnis in ein Suchsystem eingeben.
- Dieses Suchsystem muss unterschiedliche Alternativen, die den Menschen seinem Ziel (Bedürfnisbefriedigung) näherbringen, in eine Reihenfolge bringen.
- Wenn das Suchsystem die Quellen in eine Reihenfolge bringen muss, dann kann der Seitenbetreiber Einfluss auf die Reihenfolge nehmen.
Und natürlich, wenn ChatGPT und Google jetzt gegenüber Perplexity und Copilot nachziehen und es noch nicht mal einen Besuch der Zielseite braucht, damit aus der Suche / Diskussion das richtige Produkt gekauft werden kann, dann muss immer noch vom System das passende Produkt und der passende Anbieter ausgesucht werden. Und das bleibt beeinflussbar.
Am Ende ist es den meisten Shops (kurzfristig) egal, ob User den Shop benutzen oder die Bestellung irgendwie automatisiert im System landet. Wichtig ist doch, dass jemand gekauft hat und das Geld eingeht.
Langfristig haben Shops aber das gleiche Problem wie Publisher.
Aber Google ist kein Reichweitengarant mehr (und hätte nie einer sein sollen)
Wenn wir uns darauf verlassen, dass die Reichweite schon über Google kommt, dann haben wir ein Problem. Wir haben Google die Generierung des Traffics überlassen. Und jetzt kommen Google (und die anderen) und machen es schwierig, überhaupt einen Zugang zum Endkunden zu erhalten.
Während AI also für alle die Produktion von Mittelmaß einfacher macht, killt AI gleichzeitig das Mittelmaß, das keinen USP hat, der einen Grund hat weiterhin die Internetseite und / oder den Service zu nutzen.
Jetzt fliegt es einem um die Ohren, wenn man die Positionierung des Unternehmens vernachlässigt hat, die Liebe zum Detail vergessen hat oder einfach dachte, dass die SEO-Tricks schon halten werden.
Eine Marke ist eine Sammlung (positiver) Vorurteile
Jetzt brüllen natürlich alle „Become a brand“. Aber kaum jemand sagt, was damit eigentlich gemeint ist.
Unsere Freunde vom Büro für Markenentwicklung haben Florian und mir in einem der ersten Gespräche über SEO und Branding erzählt, das ihre Definition von Marke ist:
Eine Marke ist die Sammlung aller positiven Vorurteile, die Menschen von einem Unternehmen haben.
Mir hilft dieses Bild. Wenn wir am Branding arbeiten wollen, dann müssen wir positive Vorurteile schaffen.
Wie machen wir das?
Klar: Die 7p kennen wir. Aber irgendwie sind die ein bisschen technokratisch. Am Ende sind sie aber ein schönes Framework, um die Marke des Unternehmens einmal auf alles runterzubrechen.
Eine praktische Beispielkleinigkeit
Und weil alle Theorie grau ist, möchte ich Dir hier ein schönes Beispiel zeigen. Das kann man sicher noch eleganter und konsequenter spielen. Aber: Ich habe neulich Abend beim Grillen versucht, eine Kokosnuss zu öffnen. Leider waren wir etwas außerhalb, so dass ich werkzeugtechnisch eingeschränkt war. Und weil Kinder dabei waren, wollte ich nicht einfach die Steinfrucht mit Steinen bearbeiten. Wenn man sich dann nicht clever anstellt, dann bricht die Klinge eines Leatherman Wingman ab. Das hat mich sehr geärgert, aber ich habe mich auf der Seite umgesehen, weil ich mich erinnert habe, dass Leatherman recht selbstbewusst mit der Garantie umgeht. Und siehe da: 25 Jahre. Was ich allerdings aus Marketingsicht noch cooler fand: Die Abfrage, ob ich eine emotionale Bindung zu dem Produkt habe.
Wie gesagt: Das hätte man bei der Rücksendung noch mal ein wenig weiter spinnen können. Denn hier wird wahnsinnig viel für die Emotion zwischen Produzent und Konsument getan.

Positionierung rules.
Und in einer Welt, in der einfache Fakten austauschbar werden, wird Positionierung immer wichtiger. Und deswegen ist auch für uns Wingmenschen klar:
SEO ist nicht tot. SEO ist wahnsinnig wandlungsfähig. Ein neues Etikett hilft nur wenigen in der Branche und Panik war schon immer ein schlechter Ratgeber.
Ohne Positionierung wird SEO schwierig.
Richtig ist aber auch: SEO für ein Unternehmen ohne eine klare Positionierung, ohne einen Markenkern wird wahnsinnig schwierig. Denn viele ehemalige Standardprozesse werden mit AI-Suchmaschinen nicht mehr so hilfreich wirken wie früher.
Und wenn Google Chrome nicht abgeben muss, dann werden Nutzersignale auch von anderen Quellen wichtig bleiben. Und auch wenn Google Chrome abgeben wird: Suche wird breiter und vielfältiger. Und damit kommen neue Anforderungen auf uns zu. Interessanterweise Anforderungen, auf die uns Google in der Kommunikation schon sehr lange vorbereitet hat: Content für Menschen schaffen, Marke werden, nicht nur auf SEO setzen.
Die neue Suche wird noch besser darin, das Ranking durch Kriterien außerhalb der Suche zu bilden. Und das bedeutet nicht, dass wir SEOs verantwortlich für die Lieferbedingungen werden. Aber wir müssen ansprechen, wenn die Lieferbedingungen zu unserem Nachteil werden.
Phantastische Zeiten!
SEO ist nicht tot – aber es braucht mehr Haltung.
|
|
🤷♂️ Herzblut ist (leider) kein Rankingfaktor |
“Aber unsere Inhalte sind super! Wir haben so viel Zeit und Mühe in die Erstellung investiert.” Ein Satz, der einem so oder in einer vergleichbaren Form immer wieder einmal zu Ohren kommt:
Viel Aufwand = Content Top!
Die falsche Richtung bleibt die falsche Richtung
Ja… Na ja… Mag schon sein, dass sehr viel Herzblut in die dreißig Magazin-Artikel geflossen ist. Allerdings haben beide Aussagen erst einmal nichts miteinander zu tun. Denn: Wer vier Stunden bei Sturm und Regen beharrlich in die falsche Richtung läuft, der… Nun ja, läuft nach wie vor in die falsche Richtung. Der Aufwand ist also kein Kriterium dafür, dass ein Inhalt tatsächlich hochwertig ist. Auch wenn uns das natürlich gefallen würde, schließlich sollen sich unsere Mühe ja gelohnt haben. Häufig tun sie das auch, aber eben nicht immer.
Das Phänomen, etwas einen höheren Wert beizumessen, weil man dafür hart gearbeitet hat, nennt sich übrigens “Effort Justification Fallacy”, zu Deutsch “Aufwandsrechtfertigungsfehlschluss”. Ein scheußliches Wort, was auch nicht besonders flüssig von der Zunge geht.
Qualität misst sich nicht (immer) in Schweißperlen
Ein hochwertiger Inhalt entsteht folglich nicht, weil jemand lange daran gesessen hat. Sondern weil er oder sie:
- ein klares Problem löst oder eine Frage beantwortet,
- für die Zielgruppe verständlich und nützlich ist,
- logisch aufgebaut und gut strukturiert ist,
- und im besten Fall sogar ein bisschen Spaß macht zu lesen.
Klingt simpel, ist es aber nicht. Im Gegenteil. Aber umso wichtiger ist es, sich vor dem Erstellen einmal Gedanken zu machen. Denn: Ein guter Inhalt beginnt vor dem Schreiben. Mit Zielgruppenanalyse, einer Themenrecherche und einem klaren Verständnis der Suchintention. Alles andere ist Roulette.
Also, die Moral von der Geschicht’: Nicht einfach drauf losschreiben und versuchen, die Konkurrenz mit doppelt so viel Text und fancy Bildern zu übertrumpfen. Viel wichtiger ist es, erst einmal die richtige Richtung festzulegen, denn: Wer ohne Kompass losläuft, wird selten Marktführer. Höchstens Wanderer. Oder das Gesicht auf einem “Vermisst”-Plakat.
|
|
🤖 SEO lebt – und hat jetzt einen KI-Mitbewohner |
Hast Du auch mal in einer WG gewohnt? Dann kennst Du wahrscheinlich das Szenario, wenn ein Zimmer frei wir und potenzielle Bewerber sich die Klinke in die Hand geben.
Ich stelle mir das im Fall unserer SEO-WG so vor:
Klopf, Klopf – Hi, ich bin KI, jung, frech und möchte gerne bei Dir einziehen. Ich möchte die Küche und das Bad mit Dir teilen, aber ein eigenes Zimmer haben. Vielleicht können wir uns im Alltag gegenseitig unterstützen und sogar Freunde werden.
WGs verändern sich regelmäßig und das gleiche gilt für SEO, die dies auch die letzten Jahrzehnte immer wieder getan hat. Besonders seit dem Aufkommen von KI ist es jedoch besonders wichtig am Ball zu bleiben und es passiert so viel, dass das gar nicht mal so leicht ist. Gut, dass Du unseren Newsletter abonniert hast.
Hinzu kommen die klassischen SEO-Themen, die man ebenfalls nicht außer Acht lassen darf. Das sagen wir immer wieder und wurde jetzt durch eine Studie von Ziptie bestätigt.
Nach der Analyse von 25.000 echten Nutzeranfragen auf KI-Suchplattformen hat Tomasz Rudzki etwas Entscheidendes entdeckt.
“Traditional Rankings Still Matter“
Davon sind wir bei Wingmen ohnehin überzeugt.Schön, dass dies auch durch diese Studie belegt wurde. Außerdem gibt Tomasz wirklich coole Insights dazu, wie KI-Antworten generiert werden, die seine Studie stützen. Dazu gleich mehr. Kommen wir erstmal zum Ergebnis der Studie zurück:
“If your website ranks #1 in Google’s traditional results (blue links), you have a 25% chance of being used as a source in AI Overviews.”
“The higher you rank in Google’s top 10, the more likely you are to appear in AI search results across platforms.”
Auf diese Ergebnisse kam Tomasz auf der Grundlage von echten Nutzeranfragen in ChatGPT, Perplexity und Google AI Overviews.

Dies scheint auch ohne tieferen Blick logisch. Gute Inhalte auf einer technisch sauberen Basis ranken bei Google auf den vorderen Plätzen. Gute Inhalte werden auch für AI Ergebnisse bevorzugt und eine saubere technische Basis der Website sorgt dafür, dass diese auch von AI-Crawlern ausgelesen werden können.
Tomasz hat in verschiedenen Quellen nachgeforscht, wie die Zusammensetzung der AI Ergebnisse aktuell vermutlich funktioniert:
“An internal Google document (referenced in trial exhibits but not publicly accessible) revealed that this approach of using top-ranking content to ground AI responses increases accuracy.”
Dies erklärt aus seiner Sicht, warum die traditionellen Google-Rankings für die Einbeziehung in die KI-Suche so entscheidend bleiben.
Außerdem erklärt er, warum wir trotzdem auch Quellen in den AI-Ergebnissen sehen, die nicht in den Top10 zu finden sind.
Dies liegt zum Beispiel an der Personalisierung, wie Suchhistorie und Standort, sowie dem Caching.
Ein weiterer Punkt ist die Query-Fan-Out Technik. Was ist das nun wieder?
Query Fan-Out ist eine Technik, die von KI-gestützten Suchsystemen wie Google AI Overviews, AI Mode oder Perplexity verwendet wird, um eine einzige Nutzeranfrage in mehrere, thematisch verwandte Unterfragen aufzuteilen. Dadurch kann die KI umfassendere und präzisere Antworten liefern.
So funktioniert Query Fan-Out:
Der Nutzer stellt eine Frage, z. B.:
„Was ist SEO und wie unterscheidet es sich von SEM?“
Die KI startet im Hintergrund mehrere verwandte Suchanfragen, z. B.:
- Was ist SEO?
- Definition von SEM
- Unterschied SEO vs. SEM
- Was ist PPC?
- Beispiele für SEO-Maßnahmen
- Aus den Ergebnissen dieser „Fan-out“-Anfragen extrahiert das System relevante Informationen.
- Diese Inhalte werden zu einer Antwort zusammengeführt.
Warum ist das wichtig?
- Seiten, die nicht direkt zur Hauptfrage ranken, aber bei einer der Unterfragen sichtbar sind, können trotzdem in der finalen KI-Antwort auftauchen.
- Es zählt also nicht nur das Ranking zur Hauptfrage, sondern auch zu verwandten Themen.
Query Fan-Out erweitert also den Blick der KI über die ursprüngliche Anfrage hinaus – das eröffnet Chancen für Inhalte, die sich auf Nischenthemen oder Unteraspekte spezialisieren.
Fazit:
KI hat das WG-Casting gewonnen und ist eingezogen.
Die klassische Suchmaschinenoptimierung ist weiterhin wichtig, denn KI Suchen ziehen gerne Ergebnisse aus den Top10 für die Generierung der Antworten heran. Es findet eine Verknüpfung mit den neuen Faktoren statt, weshalb wir die weitere Entwicklung nicht aus den Augen verlieren dürfen.
|
|
Ich will ja nicht dieser Typ sein… |
Bevor jetzt das zwangsläufige “aber” kommt, möchte ich ein paar Dinge vorwegnehmen. Mit 30 Jahren möchte ich mich noch nicht zum Stereotyp “Alter, weißer Mann” zählen, welchen viele (teilweise berechtigte) Vorurteile anhaften. Darüber hinaus ist mir die durchaus zyklische Natur der Kritik an den heranwachsenden Generationen bekannt.
Es geistert ja auch durchs Netz, dass auch Sokrates vor knapp 2.500 Jahren schon geschrieben (oder von Platon übernommen) haben soll : „Die Kinder von heute sind Tyrannen. Sie widersprechen ihren Eltern, kleckern mit dem Essen und ärgern ihre Lehrer“. Wenn man danach sucht, findet man auch noch ältere Beispiele, bis zu 5.000 Jahre alt.
Ich will damit sagen, dass mir bewusst ist, dass ich mir der Gefahr bewusst bin, mich einer mentalen Reihe Lemminge anzuschließen. Das hilft mir nicht, das Gefühl loszuwerden, durch das Schreiben dieses Artikels nicht am Ende dazustehen wie der alte Opa Simpson.
Trotzdem möchte ich meine Gedanken mit Dir teilen. In letzter Zeit sind mir immer häufiger Artikel zur Literaturkompetenz der jungen Generationen begegnet. Zu meiner Schande finde ich den genauen Artikel nicht mehr wieder, der diesen Gedankengang ausgelöst hat. Aber auf Reddit wurde ein Artikel geteilt, in dem es darum ging, dass Jugendliche Probleme hätten, Texte von 600 Wörtern oder mehr zu verfassen (mein Gedächtnis sagt diese Ziffer, bitte nagel mich darauf fest). Vom O-Ton ähnliche Artikel zum Thema Lese- und Schreibkompetenz von Gen Z finden sich viele.
Meine initiale Reaktion darauf war: “600 Wörter? Das sind ja nicht mehr als ein paar Tweets!” Was mich vermutlich relativ gut generationentechnisch einordnet. Ich möchte jetzt aber weniger diskutieren, ob und wenn ja, wie es eine Entwicklung in der Gen Z in diese Richtung gibt. Viel mehr geht es mir darum, inwiefern wir als SEOs vor einer ähnlichen Herausforderung stehen oder zumindest aufpassen müssen, auch einer solchen Entwicklung anheim zu fallen. Denn als Experten für SEO oder generell Online Marketing setzen wir uns viel mit Dingen auseinander, die oft als Gründe dafür herangeführt werden. Generative AI, AI Overviews, AI Assistants, Social Media.
Ketzerisch gefragt: Wie lange können wir am Rande des Abgrunds wandeln und hineinsehen, bis der Abgrund zurückblickt (frei zitiert nach Nietzsche)?
Beispiel: Natürlich kann ich mir die Google Quality Rater Guidelines selbst durchlesen, oder den Twiddler Quick Start Guide. Dafür muss ich aber den inneren Schweinehund überwinden, ein 15-Seiten Dokument zu lesen, anstatt einfach meine Lieblings-KI zu beauftragen, das Wichtigste zusammenzutragen. Nun gab es natürlich auch vor den Zeiten von AI schon Zusammenfassung für solche Themen, z.B. Artikel von Kollegen aus der SEO-Szene. Aber neben diesem Trampelpfad (für den ich immer noch einen Artikel lesen muss) habe ich jetzt auch noch eine automatisierte Planierwalze, die mir einen noch leichteren Weg suggeriert.
Ein Stück weiter weg vom Arbeitskontext: Mit etwas Überlegenheit im Ton hab ich von gleichaltrigen schon öfter gehört: “TikTok benutze ich ja nicht.” Auch mir gefällt der Gedanke, dem so passend betitelten “Brainrot” noch nicht verfallen zu sein. Aber wenn ich komplett ehrlich bin, nagen YouTube Shorts und Instagram Reels auch an meiner Aufmerksamkeitsspanne. Und Bücher lesen erfordert mehr aktive Konzentration als noch vor ein paar Jahren.
Marie Le Conte hat in ihrem sehr empfehlenswerten Artikel “11 Things I hate about AI“ geschrieben:
“Essentially: there are a lot of things in life you can only get good at by doing them, again and again. If you stop doing them, you will become bad at them again.”
Ich finde, sie trifft damit den Nagel auf den Kopf. Sie verwendet als Beispiel das Kopfrechnen, für mich betrifft es aber genauso das Leseverständnis und auch das Schreiben. Wenn wir nicht mehr in der Lage sind, unsere Ideen und Konzepte ausreichend gut zu formulieren, wie sollen wir sie dann noch transportieren?
Appell ist ein großes Wort, aber anregen möchte ich schon: auch in Zeiten von AI Overviews, Blinkist-Buchzusammenfassungen oder von Gemini komprimierten Mailverläufen (so hilfreich sie manchmal auch sind) sollten wir uns regelmäßig bewusst für das eigenständige Lesen und das eigenständige Schreiben entscheiden.
|
|
Wenn nicht die Strategie hakt, sondern das Zusammenspiel – wie Denkfehler Teamarbeit sabotieren |
Du hast eine klare Roadmap, definierte Ziele, ein starkes Setup. Und trotzdem läuft es nicht rund: Entscheidungen ziehen sich, Abstimmungen drehen sich im Kreis, Aufgaben verpuffen irgendwo zwischen Slack und Ticketsystem.
Oft liegt es nicht an der Strategie, sondern am Zusammenspiel. Genauer: an psychologischen Denkfehlern, die sich in der Teamdynamik einnisten. Meist unbewusst, aber mit spürbarer Wirkung.
Wie bei meinen letzten Newsletter-Beiträgen, zeige ich dir im Folgenden wieder fünf typische Biases auf. Dieses Mal geht es um Biases, die die Zusammenarbeit erschweren sowie Ideen, was Du dagegen tun kannst:
1. Groupthink – wenn alle nicken, aber keiner denkt
In Gruppen tendieren Menschen dazu, sich der Mehrheit anzuschließen, um Konflikte zu vermeiden oder dazuzugehören. Kritische Stimmen fehlen oft aus Angst, „querzudenken“.
Beispiel: Im Strategie-Meeting schlägt jemand eine SEO-Offensive vor. Obwohl Du Zweifel hast, sagst Du nichts. Alle anderen sind schließlich dafür.
Oder: Ein Stakeholder drückt ein neues Website-Feature durch. Das Team nickt ab, obwohl niemand es wirklich versteht oder hinterfragt.
🔍 Was passiert?
Kritik und Alternativen fehlen, obwohl sie nötig wären. Schlechte Entscheidungen werden kollektiv getragen und keiner fühlt sich verantwortlich.
🛠️ Was hilft?
- Rollen definieren: Wer übernimmt bewusst die „kritische Brille“?
- Alternativen einfordern: „Was wäre ein gegenteiliger Vorschlag?“
- Entscheidungen erst nach einer Denkpause treffen, nicht sofort im Meeting.
2. Diffusion of Responsibility – jemand anderes macht’s schon
Ein Problem ist erkannt, alle nicken, aber niemand übernimmt. Oder: Viele sind beteiligt, aber keiner fühlt sich zuständig. Willkommen in der Verantwortungsdiffusion.
Beispiel: Ein SEO-Audit ergibt dringenden Handlungsbedarf, aber keiner im Team setzt den ersten Schritt um, weil „das ja sicher jemand anderes auf dem Schirm hat“.
Oder: In einem Slack-Thread wird eine wichtige Entscheidung angesprochen. Alle lesen mit, aber keiner antwortet. (Das soll es ja in den besten Agenturen geben ;)
🔍 Was passiert?
Je mehr Leute involviert sind, desto eher denkt jeder: „Das macht bestimmt jemand anderes.“
🛠️ Was hilft?
- Klartext: „Wer übernimmt was bis wann?“ – nicht vage, sondern verbindlich.
- Sichtbarkeit schaffen: Aufgaben und Zuständigkeiten offen dokumentieren.
- Verantwortungsübergabe aktiv aussprechen, statt auf Selbstorganisation hoffen.
3. Projection Bias – Du denkst, alle ticken wie Du
Du unterstellst anderen Deine eigenen Vorlieben, Meinungen oder Prioritäten und verbaust Dir so die objektive Einschätzung ihrer Bedürfnisse.
Beispiel: Du liebst detaillierte Whitepaper, also glaubst Du, Deine Zielgruppe wolle das auch. Dass sie in Wahrheit eher visuelle Inhalte bevorzugt, kommt Dir nicht in den Sinn.
Oder: Du findest eine Landingpage intuitiv und überträgst das automatisch auf alle Nutzer und Nutzerinnen, ohne Tests.
🔍 Was passiert?Wir projizieren unser Denken, unser Tempo, unsere Arbeitsweise auf andere und erwarten unbewusst, dass sie genauso funktionieren.
🛠️ Was hilft?
- Unterschiedliche Arbeitsstile explizit besprechen.
- Erwartungen klären, bevor Missverständnisse entstehen.
- In Retros oder 1:1s gezielt fragen: „Was brauchst Du, um gut arbeiten zu können?“
4. Hindsight Bias – hinterher ist man immer klüger (und härter)
Rückblickend erscheint alles logisch und vorhersehbar, was dazu führt, dass man frühere Entscheidungen zu hart beurteilt.
Beispiel: Nach einem Rankingverlust sagst Du: „Das hätte man kommen sehen müssen.“ Dabei war es zum damaligen Zeitpunkt alles andere als eindeutig.
Oder: Du bewertest vergangene Maßnahmen als „Fehlschlag“, obwohl die Entscheidung auf Basis der damaligen Daten nachvollziehbar war.
🔍 Was passiert?
Im Nachhinein erscheint alles logischer, als es in der Situation war. Das führt zu ungerechter Kritik oder vorschnellen Schuldzuweisungen.
🛠️ Was hilft?
5. Mere Exposure Effect – Bekanntes wirkt besser
Je öfter wir etwas sehen oder benutzen, desto positiver bewerten wir es. Selbst wenn es objektiv bessere Alternativen gäbe.
Beispiel: Du bevorzugst eine bestimmte Struktur für Landingpages, weil Du sie oft gesehen hast. Nicht, weil sie besser performt.
Oder: Du entscheidest Dich bei der CMS-Auswahl für WordPress. Nicht, weil es objektiv am besten zu Eurem Projekt passt, sondern weil Du es schon am häufigsten gesehen hast. Headless-Optionen oder spezialisierte Lösungen ignorierst Du, obwohl sie passender wären.
🔍 Was passiert?
Neue Vorschläge oder Ideen werden unterschwellig abgewertet – nicht weil sie schlechter sind, sondern weil sie neu und ungewohnt wirken.
🛠️ Was hilft?
- Bewusst Raum für neue Optionen schaffen, auch wenn sie ungewohnt erscheinen.
- Entscheidungsrunden so gestalten, dass Alternativen nicht sofort bewertet, sondern erst neutral vorgestellt werden.
- Alte Lösungen regelmäßig hinterfragen: "Nutzen wir das, weil es gut ist oder nur, weil wir es kennen?"
Fazit: Teamarbeit ist mehr Psychologie als Prozess
Wenn Du das Gefühl hast, dass im Projekt nicht das Fachliche hakt, sondern das Miteinander, dann lohnt sich der Blick auf die psychologischen Muster dahinter. Denn viele Reibungen sind keine persönlichen Konflikte oder organisatorischen Lücken. Sondern automatische Denkfehler, die Du mit etwas Achtsamkeit abfedern kannst.
Frag Dich (und Dein Team) regelmäßig:
- Was wird gerade nicht gesagt, obwohl es wichtig wäre?
- Wo verlässt sich jeder auf den anderen, ohne Klarheit zu schaffen?
- Wo halten wir an Dingen fest, obwohl sie uns ausbremsen?
Denn gute Zusammenarbeit entsteht nicht durch perfekte Prozesse, sondern durch ehrliches Hinschauen, bewusstes Kommunizieren und gegenseitiges Verständnis.
💡 Dieser Artikel ist Teil unserer Serie zu kognitiven Verzerrungen im Online Marketing. Im letzten Teil ging’s um Kommunikation und wie Denkfehler Deine Wirkung trüben. Im nächsten und letzten Beitrag schauen wir auf ein besonders gefährliches Phänomen: Warum Experten besonders anfällig für Denkfehler sind und wie Du Dein eigenes Fachwissen besser einordnest.
|
|
|
Fragen? Immer gerne fragen!
|
Wir sind für Dich da.
Schreib uns gern jederzeit
eine E-Mail an [email protected] oder
ruf uns einfach kurz an: +49 40 22868040
Bis bald,
Deine Wingmenschen
|
|
Anckelmannsplatz 1, 20537 Hamburg, Germany
|
|