Wirklich wahres Wingmen SEO Wissen fĂĽr wache Webmarketer #261 |
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🎪 Campixx zum Nachlesen |
Letzte Woche pilgerten 16 wunderbare Wingmenschen zur Campixx.
Während sie in Talk-Sessions saßen, sich durch die Buffets probierten und wahrscheinlich mehr Sticker als Schlaf gesammelt haben, saß ich… im Uni-Seminarraum. Bei mir gabs also PowerPoint-Folien und Gruppendiskussion statt SEO Talks.
Aber keine Sorge: Während meine Kolleg:innen den Campixx-Spirit mit nach Hause geschleppt haben (inkl. leichtem Schlafmangel) habe ich aus sicherer Entfernung mitgefiebert und für Dich die Konferenz-Highlights eingesammelt. Nicht nur hier im Newsletter, auch drüben bei LinkedIn wird Jolles Recap schon fröhlich diskutiert.
Diese Woche gibt’s also: Campixx-Vibes für alle, ganz ohne Anstehen an der Kaffeemaschine.
Mit Beiträgen von:
- Konferenz-Kennerin Kriemhild mit einem Recap der Campixx
- Jargon-Jongleur Johan ĂĽber AI Overviews
- Networking-Nora zu TikTok als Suchmaschine
- Brainstorm-Boss Behrend ĂĽber die geplante Digitalsteuer der Bundesregierung
- Diskussions-Dompteur Darius ĂĽber Denkfehler von Expert:innen
Lies rein, saug auf, und falls Du auch nicht auf der Campixx warst: Du hast nichts verpasst, was Du nicht jetzt noch nachlesen kannst.
Viel Spaß beim Durchstöbern!
Deine Wingmenschen
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SEO, Social & Synergien 🤝 |
Wie jedes Jahr waren wir wieder mit diversen Wingmenschen auf der Campixx vertreten. Wir haben uns über 2 Tage spannende Vorträge angehört, in den Pausen gefachsimpelt, neue Kontakte geknüpft, interessante Denkanstöße und neues Wissen mitgenommen.
Am Ende der zwei Tage waren wir voll mit Informationen und mussten uns erstmal sortieren, um unser Wissen in wertvolle Newsletterbeiträge für Dich zusammenzufassen.
SEO trifft Social: Ein Drei-Gänge-Menü mit Mehrwert
Im Kopf geblieben ist mir der erste Vortrag von Sara Schwartz von Betty Bossi: “Social Media und SEO: So nutzt Du Synergien”.
Sie servierte souverän ein fundiertes, strukturiertes und gut verdauliches 3-Gang-Menü:
- Gang “Optimierung der Plattformen”
- Gang: “Keyword Analysen”
- Gang: “Synergien zwischen SEO & Social”
Dabei zeigte sie im Detail auf, an welchen Stellen Optimierungspotential auf den unterschiedlichen Plattformen wie Pinterest, Youtube und TikTok liegen.
AuĂźerdem machte sie deutlich, dass es bei den sogenannten Social Media Plattformen nicht mehr nur um Social geht, sondern diese vermehrt als Suchmaschinen genutzt werden.

Quelle: Using TikTok as a Search Engine (US)
Wenn Du mehr zum Thema Daten wissen möchtest, empfehle ich Dir den Artikel von Nora zum Thema “Beyond Google: Wie verändert sich Suchverhalten?”.
Dieser Punkt spielte eine wichtige Rolle während der gesamten Konferenz und begegnete mir im Laufe der zwei Tage in vielen Vorträgen. Denn wenn nicht gerade Social Media Kanäle als neue oder eher etablierte Suchmaschinen genannt wurden, waren es natürlich diverse KI Tools wie ChatGPT, Perplexity und Co. Die Konferenz erschien mir manchmal wie ein Weckruf für SEOs. Ja, SEO wird weiterhin wichtig bleiben, aber es verändert sich und der Fokus liegt nicht mehr hauptsächlich auf Google. Wie man das neue SEO nennt, ist allen noch ziemlich egal. Jedoch wurde auch klar, dass man vor den neuen Begriffen wie GEO und alles, was es da sonst noch gibt, nicht die Augen verschließen darf, denn die Suchnachfrage für diese neuen Bezeichnungen steigt.
Die Frage, ob man sich nun bereits in dem Bereich gezielt positionieren will, wurde zwischen den Vorträgen heiß diskutiert. Johannes Beus sagte dazu während seines Vortrags ganz klar, dass es noch keine Experten geben kann. Alles ist noch so neu und in Bewegung, dass nur die Entwickler hinter den Tools wissen können, welche Maßnahmen tatsächlich die Sichtbarkeit in AIOs, ChatGPT und Co. erhöhen. Wir können aktuell nur testen und beobachten.
Aber zurĂĽck zu Sara und ihren Schlussfolgerungen:
Was kann SEO fĂĽr Social Media tun?
- SEO Wissen im Social Media Team aufbauen
- Gegenseitiges Verständnis schaffen
- Suchintentionen erklären
- Themen- und Keyword Recherchen teilen
- Social Rankings auf Google teilen und erklären
- Trend- und Interessenableitung aus GSC Daten
- Website-Analyse fĂĽr Content-Planung
- Keywords fĂĽr Influencer-Briefings recherchieren
Was kann Social Media fĂĽr SEO tun?
- Social Trend Reporting teilen und Zugriff auf Tools wie Pinterest Trends geben
- In die direkte Kommunikation mit der Community gehen, um BedĂĽrfnisse herauszufinden
- Ohne Nachfrage kein SEO - Nachfrage auslösen, z. B.: „Dieses Rezept findest Du auf unserer Website“
- Steigerung der Markenbekanntheit
- Website-Content bewerben
- Social Backlinks aufbauen
Was können wir zusammen tun?
Hochwertigen und relevanten Content produzieren und diesen auf mehreren Plattformen und der Website ausspielen. Sara nennt es Content Recycling. Simone Bogner von Agorapulse spricht in ihrem Vortrag „Smartes Repurposing: KI als Turbo für deine Content-Strategie“ von Repurposing.
Content Recycling und Repurposing
Beide Begriffe beschreiben im Grunde das Gleiche. Es geht darum, hochwertigen Helpful Content durch Experten zu entwickeln, der authentisch ist und Mehrwert schafft und diesen dann für alle möglichen Kanäle anzupassen. (Wie Du Information Gain generierst, hat Wingwoman Saskia übrigens dieses Jahr erfolgreich in ihrem ersten Campixx-Vortrag erläutert).
AI Tools fĂĽr Copy Writer
Für die effiziente Anpassung von Content nutzt Simone einige AI Tools für Copy Writer, die ihr einiges an Zeit sparen, ohne einfach generische KI Texte zu erstellen. Ein Beispiel war das Tool CapCut mit dem sie ohne Probleme innerhalb von ein paar Minuten 20 kurze Videos mit Kernaussagen inkl. Beschreibung und Timestamp aus dem Ursprungscontent (in diesem Fall ein Webinar) generiert hat.

Was beim Repurposing beachtet werden muss
Einer der wichtigsten Punkte, um Repurposing sinnvoll zu nutzen, sind klare Workflows, sagt sie in ihrem Vortrag. Außerdem erläuterte sie, welcher Content sich besonders gut für das Repurposing eignet:
- Evergreen Potenzial: Hat das Thema eine lange Lebensdauer?
- Gute Performance: Hat der Content auf einem Kanal bereits nachweislich gut funktioniert?
- Klarer Themenfokus & Substanz: Liefert der Content klare Learnings, Meinungen oder Insights?
Die dann folgende Repurpose-Pyramide zeigt sehr selbsterklärend, welche Content-Art auf welchem Kanal für welchen Zweck verwendet werden kann:

Anschließend zeigte sie noch ein konkretes Beispiel, wie sie das Webinar für unterschiedliche Kanäle genutzt hat:

In beiden Vorträgen lag der Fokus klar darauf, effizient zu arbeiten und Synergien zu nutzen. Beide zeigten konkret, wie dies in der Realität aussehen kann.
Darüber hinaus denke ich, dadurch, dass Unternehmen die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen unterschiedlichen Abteilungen stärken und Synergien nutzen, schaffen sie
- Mitarbeitende, die lernen ĂĽber den Tellerrand ihrer Abteilung zu schauen und einen Blick fĂĽr das groĂźe Ganze zu entwickeln
- Schlauere Mitarbeit nicht nur fachlich, sondern auch methodisch
- Gegenseitigen Support, statt Tunnelblick
- Effizientere Prozesse
- Mehr Erfolge trotz weniger Aufwand
- Eine einheitliche Wahrnehmung der Brand durch die Zielgruppe über unterschiedliche Kanäle hinweg
und bestimmt noch einiges mehr.
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AI Overviews: Rein? Oder raus? |
Vor zwei Wochen hatte ich Dir gezeigt, wie Du Deine Inhalte bei Google organisch indexieren lassen kannst, aber gleichzeitig fĂĽr Training von Gemini und Darstellung in AI Overviews verbieten kannst.
Ich hatte schon darauf hingewiesen, dass es in dem Artikel erstmal um die Möglichkeit ging.
Die Frage, ob das sinnvoll ist, ist sehr individuell.
Konsequenterweise hat Katrin (und andere) direkt gefragt:
Warum sollte ich meine Inhalte ausschließen – ich würde doch davon profitieren, wenn meine Antworten (wenn möglich plus Brand) in den Ergebnissen erscheinen, oder?
In der vergangenen Woche hatte ich jetzt 2 Beispiele gesehen, die nochmal deutlich zeigen, dass der Umgang mit AI-Overviews keine Geschichte von schwarz und weiĂź ist, sondern auch innerhalb einer Domain Graustufen verlangt.
Will ich Plus-Artikel im AI-Overview haben?
Auf dem Weg zur Campixx gerieten Nils und ich in Diskussion, ob es denn richtig sei, dass meine Hausstrecke von Ahrensburg nach Hamburg tatsächlich die Strecke mit den meisten Verspätungen sei.
Da wir nicht mehr in den 90ern sind, haben wir nicht diskutiert, sondern sofort den Joker gezĂĽckt.
Da der Joker aber nicht mir recht gegeben hat, konnte ich dem AI-Overview nicht glauben.
Natürlich ist meine Strecke die mit den meisten Verspätungen. Etwas anderes kommt gar nicht in Frage.

Im Beispiel muss also Google die Kieler Nachrichten falsch zitiert haben, oder einen Fehler beim Auslesen gemacht haben. Also wollte ich die Quellen prĂĽfen. Aber leider handelt es sich um einen Plus-Artikel.

Ich kann also leider gar nicht validieren, ob die Fakten stimmen.
Auf der anderen Seite ist meine Motivation, ein Abo bei den Kieler Nachrichten abzuschlieĂźen, selten so hoch gewesen wie in diesem Moment. SchlieĂźlich brauchte ich doch diesen Artikel, um zu beweisen, dass ich recht habe.
Der dahinter liegende Gedanke ist aber natĂĽrlich richtig:
- Welche Inhalte sind so schützenswert, dass ich sie den AI-Overviews entziehen möchte?
- Welche Inhalte bringen mir mehr, wenn sie in AI-Overviews stehen?
Diese Frage wird natĂĽrlich extra spannend, wenn es darum geht, dass ein bestimmter Fakt nur auf der eigenen Seite abgedeckt wird.
Glaube niemals einem LLM-Output ungeprĂĽft.
Einen anderen Case hatte ich direkt danach.
Jemand fragte mich, wie viel wir denn fĂĽr die Nachmittagsbetreuung in der offenen Ganztagsschule zahlen wĂĽrden. Um sicher zu gehen, wollte ich einen Blick in die GebĂĽhrensatzung werfen.
Auf die Suche hin habe ich ein toll aufbereitetes AI-Overview bekommen. Mit Tabelle und Informationen.
Nur kamen mir die Regelungen komisch und die Preise zu niedrig vor.
Ursache: Der AI-Overview hatte 3 Quellen:
- Die WABE (Betreuungseinrichtung in Ahrensburg)
- Eine Seite vom Land NRW
- Caritas Gelsenkirchen
Zwei der 3 Quellen hatten aber ĂĽberhaupt nichts mit dem gewĂĽnschten Ergebnis zu tun.
Die erste Quelle war grundsätzlich genau richtig. Aber auf dem Stand von vor 4 Jahren.
Das war ein sehr schönes Beispiel für „klingt gut, ist aber keine wahrheitsgemäße Antwort auf meine Frage“ und ein perfekter Reminder für: Wenn Fakten wichtig sind, dann musst Du die Overviews validieren!
Das Spannende aber: Ich habe dann mehrere Suchanfragen dazu ausgefĂĽhrt. Ein wenig links- und rechtsherum abgefragt und heute sieht der AI Overview so aus:

Google hat also durch mein ĂĽppiges Query Refinement gemerkt, welche Aspekte des Overviews nicht passten. Und hat den Overview entsprechend ĂĽberarbeitet.
Auf Mobile sieht der AI Overview zum gleichen Thema anders aus.

Das stimmt allerdings nicht fĂĽr alle Schulen.
Eine der Quellen dafĂĽr ist dann angeblich die Seite der OGS an der Friedrich-Ebert-Schule in Elmshorn. Also einer ganz anderen Stadt.
Wirklich spannend ist aber, dass sich Google im Weiteren eine neue Schule ausgedacht hat. Es gibt in Ahrensburg keine Erich-Kästner-Schule. (Aber auch an Ahrensburger Schulen werden Bücher von Erich Kästner gelesen).

Was möchte ich Dir also mit auf den Weg geben?
- Niemals nehmen wir den Output von LLMs ungeprĂĽft als Wahrheit an
- Auch nicht bei AI Overviews
- Auch nicht, wenn der Overview ĂĽberarbeitet wurde
- Möglicherweise können wir durch Query Refinement eine Anpassung der AI Overviews triggern (Testreihe dazu gerade in Arbeit, Input willkommen)
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SEO X Social: Ist TikTok eine Suchmaschine 2.0? |
Auf der Campixx 2025 gab es diesmal erstaunlich viel zu Synergien zwischen Social und SEO (dazu auch mehr in Kriemhilds Artikel). Wer mich kennt, weiĂź, dass ich das Thema immer wieder spannend finde.
In unserer Newsletter-Ausgabe Süße SEO-Schnecken hat Philipp Dir bereits vom Druck auf Google durch soziale Medien berichtet, während ich beleuchtet habe, ob TikTok eigentlich eine Suchmaschine ist. Schon Anfang 2024 fand ich die Diskussion mühselig. Spätestens seit dem Vortrag von Lukas Heining muss auch der letzte Skeptiker feststellen – das sieht verdammt nach einem Suchsystem aus.
Folgende Features sind mir dabei besonders im Gedächtnis geblieben:
- Der Suchschlitz bei TikTok funktioniert wie bei Google und liefert einem hilfreiche Suggests für die Contentproduktion. Ich stelle es mir auch spannend vor, hier für regulären Website-Content zu luschern, ob sich noch neue Themenfelder ergeben. Kleiner Tool-Tipp von mir: Bei AnswerThePublic gibt es mittlerweile auch TikTok als Suchplattform.

- Auch bei TikTok gibt es “Andere suchten nach”:

- TikTok hat schon seit 2023 eine Kooperation mit Wikipedia und bindet Text-Snippets ein – ein bisschen wie beim Knowledge Panel:

Wichtig ist, dass die TikTok-Suche personalisiert ist. Suchvorschläge variieren demnach je nach Nutzer. Das finde ich für die Content-Recherche herausfordernd – andererseits auch mega spannend.
Hinweis: Ich habe mir nur für Dich einen TikTok-Account gemacht – meine Screenshots sind demnach noch frei von persönlicher Handschrift.
Was wĂĽrde ich jetzt machen?
Wenn Social und klassisches SEO aufeinandertreffen, wird es spannend. Lukas hat beispielsweise erzählt, dass er zur Keywordrecherche auf TikTok auch den Google Keyword Planner nutzt und sich die Nachfrage grundsätzlich bei Evergreen-Themen auch auf TikTok übertragen lässt.
In der Google-Suche gibt es durch kurze Videos zusätzlich die Möglichkeit, durch TikTok sichtbarer zu sein. Daher würde ich:
1. Ein Set mit fĂĽr mich relevanten Keywords erstellen.
2. Mit einem Scraping-Tool extrahieren, bei welchen Keywords auf den SERPs kurze Videos eingebunden sind.
3. Gezielt für die Keywords mit Video-Integration Shortvideo-Content erstellen. Im besten Fall wieder mit einem Verweis auf Deinen regulären Website-Content. Beispiel: “Das Rezept findest Du auf unserem Blog”.
Falls Du Support beim scrapen der Video-SERPs brauchst, melde Dich gerne bei mir. Ich habe hier schon ein wenig getestet 🙂.
Innerhalb der TikTok-Search sind laut Lukas folgende Punkte wichtig:
- Videorelevanz & Qualität
- Thumbnail
- Stimme im Video – insbesondere die Hook
- Text im Video
- Caption & Hashtext
- Sounds
- Benutzername – Lukas verwendet hier auch gerne Keywords im Benutzernamen für zusätzliche Themenrelevanz z.B. Herr Anwalt
- Profilbeschreibung (Bio)
- Aktualität & Kontinuität
Weitere TikTok-SEO Tipps und Hacks findest Du in dem Artikel TikTok SEO: How to Optimize for Search & the For You Page.
Falls Du ein bisschen Inspiration fĂĽr Deinen Firmen-TikTok-Account brauchst:
Deine TikTok-Videos müssen nicht zwingend lustig sein. Auch informative Inhalte und Anleitungen funktionieren gut im Kurz-Video-Format. Außerdem kann ein TikTok-Kanal ein direkter Draht zu Deinen Kunden sein. Was wird in der Kommentar-Spalte häufig gefragt? Bedienen wir das auf unserer Website schon? Hier schlummert jede Menge Potenzial für Content mit Mehrwert. Wichtig ist, dass Du Deine Kunden erreichst – unabhängig von der Plattform. Es ist längst nicht mehr nur die Frage nach “Was suchen Menschen?” sondern längst “Was sucht meine Zielgruppe, wann in welchem Suchsystem?”.
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Kein Artikel ĂĽber die Content Strategie vom Stern |
Die Bundesregierung plant eine Digitalsteuer. Das hat der frischgebackene Kulturstaatsminister Wolfram Weimer in diesem Interview mit dem Stern artikuliert. Nicht zu verwechseln mit diesem anderen Interview mit Wolfram Weimer, das einen Monat vorher im Stern veröffentlicht wurde, das von der Tagesschau fälschlicherweise als Quelle für die Digitalsteueraussagen angegeben wurde.
Das ist an dieser Stelle keine Häme. Ich war schon drauf und dran, einen Artikel über den SEO-Hack zu schreiben, dass der Stern ein Interview thematisch in mehrere Artikel aufteilt, um den thematischen Schwerpunkt nicht zu verwässern. Erst dann ist mir aufgefallen, dass zwischen den beiden Wolfram-Weimer-Interviews von Veit Medick vom 29. (Mai|April) nicht nur wenige Stunden, sondern ein ganzer Monat lag … Ein kleiner, völlig nachvollziehbarer redaktioneller Schnitzer also, der der Tagesschau da unterlaufen ist.
Ich erzähl Dir jetzt also doch nix über die tagseitenbasierte interne Verlinkungsstrategie beim Stern und dass auf den Tagseiten alle (oder zumindest verschiedene) Republishing-Varianten der Stern-Artikel nachvollziehbar sind (beispielsweise auf der Tagseite zu Wolfram Weimer), sondern doch über die ursprüngliche Artikelidee.
Digitalsteuer: Steuern oder verteuern?
Ich denke bei dem Wort Digitalsteuer immer an das Schlagwort AdTech-Tax. Wer AdTech-Tax sagt, meint (in der Regel abfällig) ein bestimmtes Stück vom Marketingbudget. Und zwar das Stück, das sich Google, Meta und Co. vom Marketing abschneiden, bevor sie den Rest an Publisher und Content-Creator weiterreichen, die tatsächlich den Content erstellen, zu dem wir unsere Werbung schalten wollen. Der Begriff hat es sogar schon in wissenschaftliche Veröffentlichungen geschafft.
Und er beschreibt auch das Problem, das die Bundesregierung mit einer Digitalsteuer zu lösen versucht. Die großen Werbenetzwerke machen bei uns riesige Umsätze, reichen davon aber wenig an die hiesigen Publisher und Content-Creator weiter. Gleichzeitig zahlen sie auch kaum Steuern, sondern verschieben die Gewinne ins Ausland – dorthin, wo die geringsten Steuersätze zu zählen sind (laut Deutschlandfunk ist der effektive Steuersatz der großen Digitalunternehmen 9,5 % gegenüber 23,3 % für klassische Unternehmen).
Gleichzeitig bewegt sich das Ganze natürlich im Kontext des Zollstreits: Die USA importieren netto mehr Waren, und Donald Trump will Zölle darauf erheben. Wir importieren aber aus den USA massiv digitale Dienstleistungen. Pläne, diese Dienstleistungen zu besteuern, sind sicherlich auch ein Signal an das Weiße Haus.
Was genau plant unser Kulturstaatsminister?
Auf den ersten Blick klingt das nicht direkt nach einem Thema für den Bundesbeauftragten für Kultur und Medien. Aber da die monopolähnlichen Strukturen im Onlinewerbemarkt die Medienvielfalt gefährden, will Weimer nach dem Vorbild Österreichs eine Steuer auf die Werbeumsätze der großen Digitalkonzerne erheben. 10% wirft er als Zahl in den Raum. Gleichzeitig sucht er das Gespräch mit den Plattformbetreibern und spricht von der Möglichkeit einer „freiwilligen Selbstverpflichtung“. Details, wozu sich die Konzerne verpflichten sollen, nennt Weimer dabei nicht.
Wird Werbung dadurch teurer?
Ă–sterreich hat seit 2020 eine entsprechende Steuer fĂĽr sehr groĂźe Plattformen. Allerdings nur 5%, also halb so viel, wie Weimer plant. Der Standard schreibt, dass in dieser Zeit der Umsatz der Werbeplattformen weiter gewachsen ist (von 2020 bis 2024 auf fast das Dreifache).
Gleichzeitig soll es keine „relevante Preisveränderung für Endkunden“ gegeben haben. Da das Online-Anzeigengeschäft eine ständige Auktion ist, ist das aber auch nur schwer zu bewerten. Am Ende regeln Angebot und Nachfrage den Preis und solange Ad-Budgets und Anzeigenplätze gleich bleiben, kann Google da wenig drehen.
Haben Google und Co. die 5 % Steuern einfach geschluckt (so wie laut Donald Trump unsere Exporteure es mit den amerikanischen Zöllen machen würden)? Oder wurde der Kostenfaktor am anderen Ende abgezogen, und die Werbeumsätze der Publisher sind entsprechend geschrumpft?
Ich vermute, die Antwort auf die Oder-Frage ist: Ja.
Die großen Plattformen sitzen gegenüber den Publishern am längeren Hebel. Entsprechend werden sie diese Steuer nicht einfach aus eigener Marge bezahlen, sondern zumindest einen Teil der Kosten weiterreichen. Das können sie allerdings nicht unendlich tun, da sie sonst irgendwann ihre monopolähnliche Struktur gefährden.
Irgendwann ist der Punkt erreicht, wo andere Monetarisierungspartner für Publisher einen besseren Deal bieten können. Und ich gehe davon aus, dass die Plattformen das Preisdumping schon so weit getrieben haben, dass 10% mehr als ausreichend sind, um diesen Punkt zu überschreiten. Sie sitzen ja, wie gesagt, am längeren Hebel. Für Content-Creator bei YouTube, TikTok und Co. mag das aber anders aussehen.
Was wĂĽrde die Digitalsteuer bringen?
Wie schon erwähnt, ist die Steuer sicherlich auch eine Schachfigur im Zollstreit zwischen der EU und Donald Trump. Ob sie nur eine Drohkulisse bleibt oder tatsächlich kommt, bleibt abzuwarten.
Wenn sie kommt, generiert die Steuer natĂĽrlich Einnahmen fĂĽr die Bundesregierung. Damit kann die Bundesregierung dann Bundesregierungsdinge tun, was uns hoffentlich allen zugutekommt.
Dazu kommt, dass die kleineren Marktbegleiter, die ich eben ansprach, möglicherweise europäische Anbieter sind.
Das allein wird sicher nicht reichen, um ein europäisches Gegengewicht zu den großen Plattformen zu etablieren, aber es kann ein Baustein sein.
Was bedeutet das fĂĽr Dich?
Erst mal nix.
Bei Google-News- und Leistungsschutzrecht-Themen hat Google ja schon hier und da mal gedroht, den Markt zu verlassen. Da hing aber auch kein Umsatz dran. Bei der Digitalsteuer wird Google diese Drohkulisse nicht glaubwürdig nutzen können.
Und auch wenn die Steuer (oder eine wie auch immer geartete Selbstverpflichtung) kommt, wird das nicht bedeuten, dass Google Deine Ads 10% teurer macht. Das Anzeigengeschäft ist wie gesagt von Angebot und Nachfrage geregelt. Für Publisher hingegen könnten die Einnahmen wohl nicht die vollen 10%, aber schon schmerzhaft geringer werden.
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Wenn Fachwissen zur Falle wird – warum Expert:innen besonders anfällig für Denkfehler sind |
Je mehr Du weiĂźt, desto besser entscheidest Du, oder?
Nicht unbedingt. Denn mit wachsender Expertise steigt nicht nur die Fachkompetenz, sondern auch das Risiko, in bestimmte Denkfallen zu tappen. Warum? Weil sich Wissen oft mit Routinen, Mustern und Ăśberzeugungen verbindet und genau das kann die Sicht auf neue, komplexe oder widersprĂĽchliche Situationen trĂĽben.
Hier sind 5 Denkfehler, die gerade erfahrenen Fachkräften im Online Marketing regelmäßig passieren und was Du tun kannst, um sie zu vermeiden:
1. Cognitive Entrenchment – wenn Erfahrung den Blick verengt
Je tiefer Du in einer Denkrichtung bist, desto stärker ist die Abwehr gegenüber Konzepten, die sie infrage stellen.
Beispiel: Du bewertest Alt-Texte ausschließlich danach, ob das Fokus-Keyword drinsteht und ignorierst den Accessibility-Aspekt oder die semantische Tiefe, die Google mittlerweile durchaus erkennt. (*Mehr zu genau diesem Thema kannst Du in Sandras Artikel „In jedem Alt-Text bitte 1x das Hauptkeyword“ nachlesen!)
Oder: Du lehnst kurze, pointierte Inhalte ab („das rankt nicht, ist zu dünn“), obwohl die Suchintention kurze Antworten verlangt.
🔍 Was passiert?
Statt flexibel zu bleiben, graben wir uns gedanklich in unser Spezialwissen ein. Das macht uns weniger offen für Veränderungen und wir unterschätzen alternative Lösungen oder neue Entwicklungen.
🛠️ Was hilft?
- Regelmäßige Perspektivwechsel: „Wie würde jemand aus einem anderen Bereich dieses Problem sehen?“
- Lernbereitschaft aktiv pflegen: bewusst neue Methoden, Tools oder Modelle ausprobieren, auch wenn sie auĂźerhalb der eigenen Komfortzone liegen.
- Mentale Check-ins: „Denke ich gerade wirklich frei, oder nur entlang dessen, was ich schon kenne?“
2. Overprecision Bias – zwischen Prognose-Mut und Präzisionsfalle
Im SEO ist Prognosearbeit ein Balanceakt: Einerseits brauchst Du Zahlen, um Entscheider:innen zu überzeugen, besonders wenn Budgets gegen Kanäle wie SEA oder Paid Social verteidigt werden müssen. Andererseits weißt Du: Es gibt viele Unbekannte, von Algorithmus-Änderungen bis hin zu SERP-Volatilität.
Viele SEOs machen daher einen von zwei Fehlern: Entweder sie drücken sich komplett vor Prognosen („es kommt drauf an“) oder sie liefern hyperpräzise Zahlen, die vermeintliche Sicherheit vermitteln, aber bei Abweichungen das Vertrauen gefährden.
Tom Critchlow beschreibt im SEOmba, warum genau hier ein neues Selbstverständnis gefragt ist: SEOs sollten mutig Potenziale skizzieren, aber ehrlich mit Unsicherheiten umgehen. Genau hier greift der Overprecision Bias: Er verleitet dazu, zu exakte Aussagen zu treffen, obwohl zu viele Faktoren im Spiel sind, um wirklich punktgenau vorherzusagen.
Beispiel: Du präsentierst ein neues Content-Cluster und sagst: „+18 % Traffic in drei Monaten“ – als wäre der Erfolg linear und garantiert.
Oder: Du zeigst ein Potenzial-Modell, das von Platz 1 bei allen relevanten Keywords ausgeht, ohne zu sagen, wie realistisch diese Annahme ist oder was dafĂĽr passieren mĂĽsste.
🔍 Was passiert?
Die Prognosen wirken überzeugend, aber sie versprechen mehr, als realistisch ist. Wenn das Ergebnis dann hinter den Erwartungen bleibt, führt das zu Enttäuschung und Vertrauensverlust – nicht, weil die Maßnahme schlecht war, sondern weil sie überverkauft wurde.
🛠️ Was hilft?
- Mit Annahmen arbeiten: Sag klar, worauf Deine Zahlen basieren.
- Bandbreiten statt Punktwerte geben: Lieber „10–20%“, statt „+17,8%“.
- Kontext liefern: Neue Inhalte brauchen Zeit, um sich in den SERPs zu etablieren.
3. Pattern Recognition Bias – falsche Mustererkennung durch Erfahrung
Erfahrung hilft, Muster zu erkennen, aber sie verleitet auch dazu, Muster zu sehen, wo keine sind.
Beispiel: Du siehst eine Traffic-Kurve und denkst sofort: „Ah, das war bestimmt das Core Update.“
Oder: Du interpretierst auffällige Peaks im Traffic sofort als Bot-Zugriffe. Einfach, weil das in der Vergangenheit öfter der Fall war.
🔍 Was passiert?
Unser Gehirn liebt Muster und genau das wird zur Schwäche: Statt neue Informationen neutral zu prüfen, pressen wir sie in bekannte Erklärungen. So übersehen wir leicht, dass diesmal ganz andere Ursachen wirken könnten.
🛠️ Was hilft?
- Muster prüfen, nicht nur vermuten: Finde Belege, nicht nur Bestätigungen.
- Plane regelmäßige „Fallanalysen“ im Team: Was wäre eine völlig andere Erklärung für den Effekt?
- Perspektivwechsel suchen: Lass andere auf den Fall blicken, ohne Deinen Erklärungsansatz vorzugeben
4. Authority Bias – wenn die eigene Expertise zu viel zählt
Als erfahrene Fachkraft bist Du es gewohnt, Einschätzungen zu treffen. Doch genau das birgt eine Gefahr: Du misst Deiner eigenen Meinung automatisch mehr Gewicht bei und bewertest andere Stimmen als weniger relevant – selbst wenn sie wichtige Hinweise geben. Gleichzeitig wirst Du, wenn Du als Autorität giltst, auch von anderen seltener hinterfragt – selbst dann, wenn Du falsch liegst. Denn Fachwissen erzeugt bei anderen schnell den Eindruck: „Der oder die wird schon wissen, was richtig ist.“
Beispiel: Du empfiehlst im Teammeeting eine technische Umsetzung. Niemand äußert Bedenken, obwohl es aus Dev- oder UX-Sicht gute Gründe gäbe, die Lösung zu hinterfragen. Die Zustimmung liegt weniger an der Idee selbst, sondern an Deiner Rolle.
Oder: Du entscheidest Dich gegen strukturierte Daten, weil Du in der Vergangenheit keinen Effekt gesehen hast. Dabei sind die SERP-Features heute deutlich weiter. Und ob für KI oder klassische Suche: Mit strukturierten Daten verstehen Algorithmen Inhalte zuverlässiger.
🔍 Was passiert?
Dein Expertenstatus wirkt wie ein Verstärker: Du und andere verlassen sich eher auf Deine Einschätzung, weil sie als objektiv gilt. Dabei wird übersehen, dass auch Fachleute sich irren können, besonders wenn sich Rahmenbedingungen ändern oder neue Perspektiven wichtig wären.
🛠️ Was hilft?
- Aktive Perspektiven einholen – besonders von Kolleg:innen außerhalb der eigenen Disziplin
- In Diskussionen Unsicherheiten transparent machen: „Ich sehe es so, aber überzeugt mich gern vom Gegenteil.“
- Formate schaffen, in denen Erfahrung oder Hierarchie keine Rolle spielen (z. B. anonyme Ideenrunden oder „Challenge Sessions“)
5. Planning Fallacy – Du planst zu optimistisch
Du kennst die Abläufe. Du hast Erfahrung. Und trotzdem dauert am Ende alles länger als gedacht, weil Du systematisch unterschätzt, was alles dazwischenkommen kann.
Beispiel: Du planst den Relaunch einer Website für acht Wochen, weil Du weißt, wie es läuft. Doch dann verzögert sich die Freigabe von Texten, Design-Feedback-Schleifen häufen sich, und plötzlich steht das Projekt drei Monate.
Oder: Du schätzt, dass eine Analyse nur „ein paar Stunden“ dauert, bis Du feststellst, dass die Website unerwartete Eigenheiten hat und Du viele Sonderschleifen drehen musst.
🔍 Was passiert?Du blendest Hindernisse und Unsicherheiten systematisch aus, besonders bei vertrauten Aufgaben. Fachwissen macht Dich zuversichtlicher, aber nicht realistischer.
🛠️ Was hilft?
- Plane mit Puffer und nimm historische Projektdaten ernst
- Lass andere Deine Schätzung challengen („Was könnte schiefgehen?“)
- Kalkuliere nicht nur Arbeitsschritte, sondern auch Wartezeiten, Abstimmungen & Korrekturschleifen mit ein
Fazit: Expertise braucht Selbstreflexion
Fachwissen ist keine Garantie für bessere Entscheidungen, im Gegenteil: Je tiefer Du in einem Thema steckst, desto leichter passiert es, dass Du Automatismen folgst, blinde Flecken entwickelst oder Dich auf vergangene Erfolge verlässt.
Wenn Du also das nächste Mal mit Deinem Team, Deinem Report oder Deinem Projekt haderst, frag Dich:
- Bewerte ich gerade wirklich die Situation oder meine Erfahrung damit?
- Wie sicher bin ich mir? Und auf welcher Basis?
- Was wĂĽrde ich sehen, wenn ich ganz neu auf die Sache blicken wĂĽrde?
Denn echte Exzellenz im Online Marketing heiĂźt nicht, alles zu wissen, sondern immer wieder neu zu hinterfragen, wie man denkt.
💡 Dieser Artikel ist der Abschluss unserer Serie zu Denkfehlern im Online Marketing. Wenn du die vorigen verpasst hast: In Teil 1 ging es um Biases bei Datenanalysen, Teil 2 um Entscheidungsverhalten, Teil 3 um Kommunikation – und Teil 4 um Teamarbeit.
Besonderer Dank im Hinblick auf die Serie geht raus an unsere Psychologie-Werkstudentin Lara, die mir bei der Erarbeitung maĂźgeblich geholfen hat. Chapeau!
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Fragen? Immer gerne fragen!
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Wir sind fĂĽr Dich da.
Schreib uns gern jederzeit
eine E-Mail an [email protected] oder
ruf uns einfach kurz an: +49 40 22868040
Bis bald,
Deine Wingmenschen
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Anckelmannsplatz 1, 20537 Hamburg, Germany
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