Vor ein paar Wochen hab ich laut geschrien. Mein GEO-Schrei hat ein überraschend positives Echo erzeugt. Danke dafür. Offenbar ging’s nicht nur mir so, dass sich der aktuelle Buzz um GEO (oder wie man’s gerade nennt) ein bisschen nach „alter Wein in neuen Schläuchen“ anhört.
Und jetzt hat’s wieder gekribbelt. Ein neuer Artikel in „F**k you GEOthe“-Manier war eigentlich nicht geplant, aber dann kam die AirOps-Studie.
Matt hat Dir im Artikel zuvor bereits erzählt, um was es bei der Studie geht und dass diese auch ein paar methodische Mankos hat. Doch was meinen Puls hier steigen lässt, ist etwas anderes: Ich habe den Eindruck, dass die Studie als Grundlage genutzt wird, um das große Revival der Offpage-Optimierung heraufzubeschwören.
Bevor Du also anfängst, auf diesen Zug aufzuspringen, lass uns einen Schritt zurücktreten und uns kritisch anschauen, welche Sau hier grad wieder durchs Dorf getrieben wird:
„Mentions sind das neue GEO-Gold“
Was mich massiv wundert, ist die These, man solle im GEO-Kontext weniger auf Backlinks schauen, sondern eher darauf, als Marke irgendwo erwähnt zu werden. Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist. Zumindest ist mir das zu kurz gedacht.
In einer Welt, in der Suchmaschinen und KI-Systeme parallel nebeneinander existieren – ein Zustand, den ich langfristig auch weiterhin erwarte (und an den selbst OpenAI-CEO Sam Altman glaubt) – kann ich nicht nur für KI-Systeme denken, optimieren und „GEO“ betreiben.
Ich muss GEO und SEO parallel denken.
Jetzt komplett auf Mentions zu setzen, während ich klassische Backlinks vernachlässige, wäre daher, um es deutlich zu sagen, ziemlich dämlich. Denn Backlinks sind nach wie vor ein klarer Rankingfaktor für Suchmaschinen. Und solange Google, Bing & Co. existieren, bleibt das auch relevant.
Prinzipiell geht es im Offpage, egal aus welcher Motivation oder mit welchem primären Kanalziel, immer darum, Relevanz und Autorität außerhalb der eigenen Domain aufzubauen. Ob das über einen Backlink oder eine glaubwürdige Erwähnung passiert, ist dabei zweitrangig. Entscheidend ist, dass es meiner Zielgruppe die Bestätigung gibt, mit meiner Marke, meinen Produkten und Dienstleistungen an der richtigen Adresse zu sein.
Das funktioniert nur, wenn diese Erwähnungen in einem themenrelevanten Umfeld stattfinden und natürlich sowie legitim eingebunden sind. Der Verweis auf meine eigene Seite hat dabei den Vorteil, dass er User direkt zu mir führt. Und dass sie im besten Fall bei mir auch konvertieren können.
Ob der Link DoFollow, Nofollow oder selbst Affiliate-basiert ist, ist letztlich eine taktisch-operative Frage.
Solange er auf Bekanntheit und Vertrauen einzahlt, erfüllt er seinen Zweck.
Daran ändert auch KI wenig. Offpage war schon immer mehr als nur Linkaufbau. Und wer’s bisher richtig gemacht hat, hat genau deshalb jetzt keinen Grund, seine Strategie umzuschmeißen.
„Offpage wird wieder wichtiger“
Mit Blick auf die AirOps-Studie und die aktuellen Beobachtungen kann man festhalten: Externe Signale erweitern das Spektrum, in dem User eine Marke kennenlernen können. Und ja, aktuell lässt sich die Wahrnehmung in KI-Systemen vermutlich wieder stärker beeinflussen.
In gewisser Weise haben wir wieder eine Situation, die mich an die Linkbuilding-Goldgräberstimmung vor 15 Jahren erinnert.
Über Advertorials, das gezielte Platzieren in Listicles oder Branchenportalen, über Erwähnungen in Foren wie Reddit oder gar über den Aufbau kleiner Satellitenseiten kann man kurzfristig versuchen, Einfluss auf die Systeme zu nehmen.
Aber: Ich werfe hier direkt die Frage der Nachhaltigkeit in den Ring. Denn wie die Geschichte mit den Links weiterging, haben wir hoffentlich nicht vergessen. Daher würde ich mir derzeit sehr genau überlegen, ob ich aktuell mein Geld wirklich in solche Offpage-Maßnahmen stecken würde.
Warum? Drei Gründe fallen mir dazu ein:
1. Zu isoliert gedacht:
Wer nur fragt, „Was funktioniert für GEO?“, denkt wieder nur in Silos. Bevor ich also investiere, würde ich empfehlen, eine andere Frage zu stellen. Diese lautet: „Was bringt mich als Marke ganzheitlich weiter?“
2. Nicht nachhaltig:
Es ist absehbar, dass LLMs und KI-Suchmaschinen Mechanismen entwickeln, um Paid Content, gekaufte Erwähnungen und Co. zu erkennen und zu entwerten.
Schon heute gibt es technologische Ansätze, die genau darauf hinarbeiten (das im Detail zu durchleuchten führt für diesen Artikel zu weit, daher reiße ich sie hier nur stichwortartig an. Alle drei verfolgen das Ziel, digitale Herkunft, Vertrauenswürdigkeit und Manipulationsmuster automatisiert zu erkennen.):
- C2PA (Content Provenance): ermöglicht, redaktionell vs. werblich erstellte Inhalte eindeutig zu kennzeichnen.
- Source Trust Modeling: analysiert Muster im Schreibstil, Linkprofil und semantischen Kontext,
um manipulative Quellen zu identifizieren.
- Link-Graph-Intelligence: erkennt verdächtige Häufungen und künstliche Cluster in Verlinkungsstrukturen.
3. Fraglicher ROI:
Selbst wenn solche Offpage-Maßnahmen kurzfristig Wirkung zeigen, ist der Einflussbereich von GEO im Vergleich zu klassischem SEO derzeit noch relativ klein. Wer jetzt alles auf eine Karte setzt und SEO vernachlässigt, riskiert, sich auf ein Feld zu konzentrieren, das sich noch in der Definitionsphase befindet.
Kurz gesagt: Man kann die Systeme heute vielleicht austricksen. Aber es ist eine Frage der Zeit ist, bis das Kartenhaus der einfachen KI-Manipulationen zusammenbrechen wird. LLMs werden früher oder später lernen, bezahlte, künstliche oder manipulative Erwähnungen als das zu erkennen, was sie sind: Signale ohne echten inhaltlichen Wert.
Sind wir als Branche nicht reifer geworden, als wieder ins Katz-und-Maus-Spiel zurückzukehren?
„Digital PR wird wichtiger denn je“
Auch das liest man derzeit häufig: „Digital PR wird im KI-Zeitalter noch wichtiger.“
Das klingt erstmal nicht verkehrt, aber ich glaube, das ist nur die halbe Wahrheit.
Digital PR war schon immer wichtig. Aber viele Maßnahmen, die bisher gut funktioniert haben, werden im Kontext von LLMs weniger relevant, wenn sie zu weit vom eigentlichen Produkt oder Service entfernt sind.
Ein Beispiel:
Ein Lieferservice veröffentlicht eine Studie darüber, welches Fast Food in Deutschland am beliebtesten ist.
Tolle PR-Idee, bringt Clippings und sicher auch Backlinks. Das ist super für SEO.
LLMs funktionieren jedoch anders: Sie gewichten thematische Relevanz und semantische Nähe stärker als Reichweite oder Clippings. Ich befürchte daher, dass dieselbe PR-Maßnahme für LLMs weniger Benefit liefern wird. Diese Information trägt nichts dazu bei zu beantworten, welcher Lieferservice als bester Anbieter wahrgenommen wird. Ich werde daher nur für das Thema der PR-Kampagne gefunden und nicht automatisch für mehr. Bei SEO haben solche Inhalte noch auf die Domain eingezahlt, bei GEO fällt dieser Seiteneffekt meines Erachtens jedoch weg.
Digital PR wird also schwerer, wenn das Ziel ist, damit GEO zu beeinflussen. Denn LLMs gewichten Themenbezug deutlich stärker als Reichweite.
Deshalb sollte Digital PR nicht aus dem operativen Zweck heraus durchgeführt werden, sich einen Vorteil für SEO oder GEO zu verschaffen. Dann hängen wir wieder in der engen Kanaldenke fest, statt Online-Marketing ganzheitlich zu verstehen.
Fazit: Bleib ruhig, Cowboy
Offpage, Mentions, Digital PR… alles wichtige Bausteine. Aber dass diese Bereiche durch GEO oder LLMs plötzlich entscheidend wichtiger werden, ist fraglich.
Und mal ehrlich: Linkbuilding war schon immer die Cash Cow vieler SEO-Agenturen.
Daher: Obacht, wenn hier die Kuh „Muh“ schreit.
Vielleicht werfe ich mal eine andere Frage in den Raum: Kann es sein, dass die lautesten Offpage-Revival-Rufe gerade von denen kommen, die auch am meisten davon profitieren würden? Ist das Zufall oder reines Kalkül?
Die eigentliche Kunst besteht meines Erachtens darin, weiterhin die Ruhe zu bewahren und strategisch zu denken, das heißt:
- Betrachte GEO und SEO parallel und spiele sie nicht gegeneinander aus.
- Verstehe Offpage-Maßnahmen als langfristige, themenrelevante Reputationstreiber.
- Setze Digital PR nicht isoliert für kurzfristige SEO- oder GEO-Effekte ein, sondern bette sie in eine ganzheitliche Marketingstrategie ein.
Wer das beherzigt, wird langfristig deutlich mehr von seinen Maßnahmen profitieren, statt sich von kurzfristigen Hypes treiben zu lassen. Yee-haw!
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