Wirklich wahres Wingmen SEO Wissen für wache Webmarketer #258
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Lara Hornung
Lara Hornung
Werkstudentin
☕️ Wenn die Maschine streikt, retten wir den Newsletter

Stell Dir vor, Du wachst auf, alles ist still, Du gehst in die Küche, schaltest die Kaffeemaschine ein … und sie antwortet mit einem seltsamen Geräusch, das entfernt an Sarkasmus erinnert. Willkommen in der neuen Woche.

Ich bin mir mittlerweile ziemlich sicher, dass meine Kaffeemaschine passiv-aggressiv ist. Sie kennt meine Pläne, sie weiß von meinen Deadlines und sie hat sich offenbar geschworen, mich genau dann im Stich zu lassen, wenn ich sie am dringendsten brauche. Wie mein innerer Antrieb. Oder die Deutsche Bahn.

Aber keine Sorge: Statt Koffein bekommst Du heute wieder etwas viel Wertvolleres. Kluge Gedanken, digitale Fundstücke und leicht verdauliche News, perfekt portioniert zwischen Weltgeschehen und innerer Resignation.

Diese Woche auf der Karte:

  • Jasmintee-Jolle über die Notwendigkeit, SEO-Wissen aktiv anzuwenden
  • Nescafé-Nils bringt frische Gedanken zum Google Warehouse Leak aus dem letzten Jahr
  • Pfefferminztee-Philipp erzählt über Impressions in der GSC
  • Mokka-Matt serviert Valuable Content
  • Detox Wasser-Darius erklärt Dir, wie Dein Kopf gute Entscheidungen sabotiert und was Du dagegen tun kannst

Ob Du's mit Milch, Hafer oder einfach schwarz trinkst, dieser Newsletter ist Dein erster Schluck Richtung Realität.

Herzlich wachgerüttelt,

Deine Wingmenschen

Was wir gelesen haben
Jolle Lahr-Eigen
Jolle Lahr-Eigen
Consultant
SEO bleibt relevant, wenn wir unser Wissen anwenden

Ich analysiere Überschneidungen in Suchergebnissen heute anders als vor einem Jahr – weil ich dazu gelernt habe. Was das mit den großen und kleinen Veränderungen in unserer Branche zu tun hat, erfährst Du im Artikel.

Marktforschung ist unverzichtbar

Ich bekenne mich zur Themenrecherche, die in der Branche häufig zur Keyword-Recherche verkürzt wird. Natürlich kann kein Tool den direkten Austausch mit Kunden oder Nutzertests ersetzen. Aber als SEOs verfügen wir über wertvolle Daten, die bei der strategischen Unternehmensausrichtung oft übersehen werden.

Verliert SEO angesichts der Trends zu Social Media und KI-Sprachmodellen an Bedeutung?

Als SEO richte ich meinen Blick dorthin, wo Menschen Fragen an Suchsysteme stellen. Ob diese Maschinen KI-Chatbots, Social Media, Bing, Perplexity oder Google sind, ist mir erst mal egal. Nun, vielleicht nicht ganz egal, denn ich habe die Google-SERP schon besonders liebgewonnen.

  • Erstens wird nach wie vor nirgendwo so viel gesucht wie auf Google – schau dazu gerne bei Philipps Artikel zu Rand Fishkins Vortrag auf der SMX Munich 2025 vorbei).
  • Zweitens hatten die Tool-Anbieter hier schon ein, zwei Dekaden Zeit, um uns mit Daten für unsere Analysen zu versorgen. Aber sei Dir sicher, die Tool-Anbieter geben Vollgas, um die Datenlücke schnellstmöglich zu schließen und wir geben Vollgas, um unsere Workflows an die neue Realität anzupassen.

Schließlich müssen wir den Lichtkegel dorthin richten, wo die Antworten liegen, statt zu suchen, wo wir besser sehen.

Comic: Eine Figur sucht etwas unter einer Straßenlaterne. Jemand fragt "Wo haben Sie Ihren Schlüssel denn zuletzt gehabt?" - "Beim Baum" - "Warum suchen Sie dann hier?" "Na, weil hier viel besseres Licht ist."

SEO ist SEO war SEO ist SEO bleibt SEO

Viel wichtiger, als uns zu überlegen, ob SEO jetzt GAIO, LLMO, GEO oder AIO heißen sollte, ist doch das:

Wenn sich unser Verständnis darüber ändert, wie Menschen suchen oder wie Suchmaschinen funktionieren, müssen wir unsere Arbeitsweise überprüfen und bei Bedarf anpassen.

Dabei dürfen wir gerne auch die großen Sinnfragen stellen: “Welche Inhalte werden künftig noch erfolgreich sein?” wäre so eine (Grüße an Elena, Fabian und Benjamin drüben im Content Performance Podcast).

Mir fehlt hier oft die Mittelebene. Auf LinkedIn und den Konferenzbühnen funkelt die neue Welt. In der täglichen Arbeit schütten wir dagegen entweder das Kind mit dem Bade aus und verfallen in Schockstarre – oder machen weiter wie zuvor.

Was bedeuten Twiddler und SERP-Composition für SERP-Overlap?

Ich gebe Dir mal ein Beispiel für Anpassungen im Detail. Wir haben gelernt, dass Google bei bestimmten Suchanfragen nur wenige Plätze für bestimmte Antworttypen reserviert.

  • Hanns Kronenberg hat im letzten Sommer auf der Campixx sehr schön präsentiert, wie Twiddler funktionieren. In meinem Artikel zu seinem Vortrag mache ich das Beispiel zu wenigen Ratgebern unter vielen Shops in transaktionalen Suchen.
  • Und auch Mark Williams-Cook entdeckte in seinem Exploit Hinweise, dass Google bei bestimmten Suchanfragen bewusst unterschiedliche Perspektiven kombiniert (Link zur Passage in meinem Artikel).

Früher habe ich die Überschneidungen in Suchergebnissen (SERP-Overlap) analysiert, um die Suchabsicht zu verstehen. Genauer: Um festzustellen, ob verschiedene Suchanfragen so ähnlich sind, dass sie auf einer einzigen URL beantwortet werden können, habe ich verglichen, wie viele der Top-10-Ergebnisse übereinstimmen. Je mehr Übereinstimmungen, desto eher lassen sich die Themen zusammenfassen.

Das tue ich immer noch. Aber meine Schwellenwerte sind heute viel niedriger. Der Grund? Wenn Google für bestimmte Ergebnistypen nur wenige Plätze reserviert, kann ich keine hohe Übereinstimmungsrate von 80 Prozent oder mehr erwarten.

Ich will Dich natürlich nicht dazu verleiten, Dich im Kleinklein zu verlieren und Deine Ressourcen über lokale Optima zu verkleckern.

Graph mit einem lokalen Maximum der Kurve und daneben einem noch höheren globalen Maximum Aber ich will Dich einladen, Dein Wissen auch anzuwenden. Denn wenn Lernen nichts am Machen ändert, dann, ähm, brauchst Du auch den Newsletter nicht zu lesen… 😅😬

Nils Warnick
Nils Warnick
Consultant
Zuviel Volt ⚡

Es ist diesmal nicht das Keyword der Woche, auch wenn “Volt” ein guter Kandidat dafür wäre. Vor der Bundestagswahl immerhin eine der meistgesuchten Parteien. Wird bestimmt nichts damit zu tun haben, dass es einen gleichnamigen Nachtclub in Hamburg und nicht zuletzt die physikalische Einheit für Stromspannung gibt. Aber wie Du siehst handelt es sich um einen vielseitig eingesetzten Begriff. Hier kommt die Überleitung: Auch Google hat den Begriff vergeben. Wenn Du schon wusstest, worauf ich hinaus möchte, gibt’s auf der Campixx einen Keks von mir. ;)

Das Google Warehouse Leak aus dem letzten Jahr hat uns viele spannende Einblicke beschert. So viele, dass der Teil zu VOLT an mir persönlich etwas vorbeigegangen war. Zu meiner Ehrenrettung: Er war auch nicht unter den “ausgewählten wichtigen Attributen” im monumentalen WebsiteBoosting-Artikel zum Leak. ;) Jetzt komme ich darauf zurück im Rahmen einer augenscheinlich unverfänglichen Frage, die sich im Rahmen eines Gesprächs ergeben hatte: Sind die Core Web Vitals Teil des Rankings oder des Re-Rankings?

Mein erster Gedanke war, was Google immer betont hat: Die CWVs seien ein im Vergleich zur Relevanz für die Suche schwaches Rankingsignal. Auch wenn beispielsweise John Mu schon vor Jahren sagte, sie seien mehr als ‘nur’ ein Tie-Breaker. Die damals erwähnten Tie-Breaker wie z.B. die Verwendung von HTTPS klingen sehr stark wie etwas, das ein Twiddler tut, nachdem das initiale Ranking der Dokumente feststeht. Wenn Core Web Vitals also nicht nur Teil dieser Tie-Breaker ist, spricht das im ersten Moment das für das initiale Ranking. Auf der anderen Seite können Twiddler nicht nur ein Ergebnis vor das andere setzen, sondern ganze Rankings neu sortieren. Also noch keine stichhaltigen Erkenntnisse.

Mein zweiter Gedanke war, dass ein Twiddler für so eine Aufgabe gut geeignet wäre. Sie werden dafür eingesetzt, das Ranking nicht nach dem eigentlichen Dokument zu richten, sondern nach der Beziehung der rankenden Dokumente untereinander. Durchaus plausibel, aber das Problem dieser These: Ein Leak über die von Google eingesetzten Twiddler gibt es leider nicht. Gelegentlich werden im Warehouse Leak Twiddler erwähnt, doch ob ein bestimmter Faktor durch sie abgedeckt wird, ist nicht abschließend zu beantworten.

Als drittes beschloss ich, in das vorhandene Leak zu schauen – mit Blick auf Erwähnungen von Core Web Vitals und UX. Ein guter Ausgangspunkt dafür ist immer das Modul perDocData, indem die zu einem Dokument zur Verfügung stehenden Daten bzw. Attribute aufgeführt werden. Dort fand ich dann voltData mit dem Vermerk ”Contains page UX signals for VOLT ranking change.” und dem Verweis auf das Modul mit dem klangvollen Namen IndexingMobileVoltVoltPerDocData.

Dies enthält die Beschreibung:

The protocol buffer stored in the legacyperdocdata muppet attachment for VOLT (go/volt). The data is used for ranking changes. Only CWV signals and secure signal are stored. MobileFriendliness is stored separately in the legacyperdocdata. Safe browsing and BAS/AER conditions are not used for ranking.

Jetzt kommen wir im Bereich der sprachlichen Unschärfe an. Ranking Changes könnte heißen, dass das Ranking initial schon steht und die Twiddler das dann nochmal ändern. Ebenso wäre möglich, dass die Veränderung eben des initialen Rankings im Mustang-System gemeint ist. Während wir das final nicht auflösen können, haben wir zumindest den Impact auf den Prozess als Ganzes in dieser Momentaufnahme schwarz auf weiß. Natürlich spielen die CWVs auch noch später eine Rolle, weil sie die Interaktion der Nutzer mit der Seite und auch damit Twiddler beeinflussen.

Ich bin immer wieder fasziniert davon, was für Einblicke wir mittlerweile haben. Vielleicht mag Dir die Ausgangsfrage etwas trivial vorkommen, aber stell dir vor, dass Dir vor 10 Jahren jemand von solchen Möglichkeiten erzählt hätte.

Eine weitere Auffälligkeit zum Schluss ist, dass VOLT immer groß geschrieben wird, wie zum Beispiel auch das Akronym CWV. Die Vermutung liegt nahe, dass VOLT auch etwas abkürzt. Falls Du Ideen hast, was das sein könnte, schreib mir gerne!

Philipp Götza
Philipp Götza
Junior Consultant
(A)ImpressiOnen

Immer wieder sehe ich auf LinkedIn Posts zu SEO- und KI-Themen, die ungenau sind und daher zu Desinformation führen (inkl. Anmerkung, warum das vermutlich Unfug ist):

  • Domains, die über Nacht 40% Traffic an ChatGPT verlieren – mit hoher Wahrscheinlichkeit war das eher ein Google Update
  • SEO sei mittlerweile wie Glücksspiel, weil es Domains gibt, die bei einem Update viel verlieren – es gab schon immer große Gewinner und Verlierer
  • Bing wachse rasant schnell – so rasant, dass sie laut StatCounter (die Ursprungsquelle der Behauptung) wieder bei unter 4% Marktanteil liegen und sich der Traffic kaum verändert hat

Und natürlich darf nicht fehlen: AIOs klauen uns Traffic.

Es ist bequem und einfach, AIOs als Pauschalantwort zu liefern. Naheliegend = ja, immer die korrekte Antwort = nein.

Manchmal reichen einfache Mittel, um zu erklären, warum AIOs nicht schuld sind.

In einem bestimmten Fall, den ich leider nicht verlinken kann, da der Autor ihn bei LinkedIn entfernt hat, musste man “nur” wissen, wie die GSC Impressionen zählt und welche Rolle AIOs dabei spielen. Darauf hatte ich in den Kommentaren aufmerksam gemacht.

Kurze Wiederholung zu Impressions in der GSC – klingt für manche banal, aber der Autor des Posts hat SEO nicht erst seit gestern gemacht. ⬇️

Wie die GSC allgemein Impressions zählt

Laut dem User Interface:

Impressionen insgesamt gibt an, wie oft ein Nutzer in den Suchergebnissen einen Link zu Ihrer Website gesehen hat. Dieser Wert wird für Bilder und andere Suchergebnistypen unterschiedlich berechnet, je nachdem, ob zum Ergebnis gescrollt wurde oder nicht.”

Laut Dokumentation:

Impressions: How often someone saw a link to your site on Google. Depending on the result type, the link might need to be scrolled or expanded into view. […]

An impression means that a user has seen (or potentially seen) a link to your site in Search, Discover, or News.

In general, an impression is counted whenever an item appears in the current page of results, whether or not the item is scrolled into view, as long as the user need not click to see more results (such being required to click "see more" to see the link). […]

The general rule is that if you must click to see more results, an impression is counted when a link is in the current set of results, whether or not it's scrolled into view, but please read the details below for a specific item type to be sure.”

Bei normalen blauen Links steht dann konkret:

Impression: Standard impression rules apply.”

Heißt also, dass alles, was auf der ersten Seite als normaler Link zu sehen ist, als Impression gezählt wird – unabhängig davon, ob im Viewport sichtbar oder nicht.

Wie die GSC Impressions bei AIOs zählt

Bei AIOs (weiter unten):

Impression: Standard impression rules apply. To be counted as an impression, the link must be scrolled or expanded into view.”

Wenn der Link sofort sichtbar ist, zählt das als Impression.

Related Sidenote: John Mueller wurde zu dem Zählen der Position von AIO-Rankings in den Social Networks konkret gefragt – seine Antwort:

We have it documented. Basically an AIO counts as a block, so it's all one position. It can be first position, if the block is shown first, but I don't know if AIO is always shown first.”

AIOs tauchen generell an erster Position auf, Google testet aber auch die Platzierung innerhalb der Suchergebnisse.

Wo lag die Crux im Beispiel und warum haben AIOs hier nicht den Traffic geklaut?

  • Laut Vergleichszeitraum in dem Post waren Clicks UND Impressions gesunken (einen Graphen konnte man nicht sehen).
  • Es gab normale organische Rankings auf Seite 1 (= eine Impression wird gezählt, unabhängig vom Scrolling).
  • So wäre es unmöglich, dass die Impressions sinken, außer
    • das Ranking hat sich deutlich verschlechtert (z. B. Seite 2),
    • die organischen Rankings gibt es nicht mehr und/oder
    • es gibt nur ein Ranking im AIO, das nicht sofort sichtbar ist.

So ist für mich eindeutig: An den AIOs lag es nicht.

Mein Resumé: Genau hinschauen und nachdenken

Ist das so wichtig? Ja, hier liegt der Teufel wortwörtlich im Detail. Sind AIOs der Auslöser, ist das ein anderes Problem, als wenn Rankings weg sind oder sich die Nachfragesituation stark verändert hat.

Anderes Problem = anderer Lösungsweg. Daher sage ich immer wieder, dass wir genau hinschauen müssen.

Aktuell gibt es zurecht Kritik an den AIOs:

Lieber

✅ differenziert, sachlich und faktenbasiert statt

❌ blind, impulsiv und voreilig.

Hast Du auch Traffic-Verlust und fragst Dich, ob AIOs daran schuld sind? Melde Dich gerne bei mir und wir schauen uns das gemeinsam an.

Matthias Pülz
Matthias Pülz
Junior Consultant
Wie Du Deinen Content wirklich wertvoll machst! Für Anne!

Im Online-Marketing gibt es ja das bekannte Sprichwort: Content is king. Genau genommen stimmt das aber nicht. Gerade in Zeiten, in denen Content dank KI nur einen Knopfdruck entfernt ist, muss es eher heißen: Valuable Content is king!

So weit, so logisch. Nur was ist hochwertiger Content konkret? Und wie kann ich für mich selbst hinterfragen, ob der Inhalt, den ich da gerade oder vor längerem erstellt habe, auch wirklich wertvoll ist? An der Länge (je mehr Text, desto besser)? An dem Verhältnis von Bildern und Videos zum Fließtext? Oder an der Anzahl der coolen Effekte, die ich auf der URL unterbringe (jeder blinkende Button bringt +2 Bonuspunkte)?

Gar nicht so leicht. Zumal sich Qualität üblicherweise nicht (nur) anhand quantitativer Kriterien festlegen lässt. Also muss ein anderer Weg her. Und der sollte unbedingt damit beginnen, Deine Zielgruppe (oder die Deiner Kundinnen und Kunden) greifbar(er) zu machen. Auch als SEO. Gerade als SEO.

Zwischen Vogelperspektive und Nahaufnahme

Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber ich sehe beim Blick in die GSC oder in SISTRIX allzu häufig nur noch Nummern vor mir: 34 Klicks hier, 3.621 Impressionen da. Insgesamt 900 Besucherinnen und Besucher am Tag. Eine nette Zahl. Für Dich vielleicht auch eine gute Zahl. Das Problem: Sie ist (zu) abstrakt. Und zumindest mir kommt bei ihrem Anblick hin und wieder die Verknüpfung im Kopf abhanden, dass sich hinter all den Zahlen, die ich da täglich so vor mir habe, (meist) auch tatsächlich ein echter Mensch verbirgt.

Einer mit Träumen, Wünschen und meistens auch einem echten Problem, das er oder sie gerne gelöst haben möchte. Und zwar möglichst schnell!

In Journalismus-Kreisen wird aus einer größeren Masse deshalb gerne eine individuelle Person herausgekramt, um das abstrakte Gebilde im Kopf in ein konkretes Bild zu verwandeln. Dann ist nicht mehr von 20.000 Menschen die Rede, sondern von einer bestimmten Person und ihrem Schicksal. Das hilft, dem Ganzen ein Gesicht zu geben.

Was ist Anne für eine Person(a)?

Davon können wir in der SEO (und im Online Marketing generell) auch profitieren! In diesem Sinne: Darf ich vorstellen… Das ist Anne: Frau mit braunen Haaren, rotem T-Shirt, blauer Jeans und roten Sneakers im Cartoon Stil

Anne ist 35, verheiratet und kommt aus Wiesbaden. Ihre Lieblingsfarbe ist Rot, sie arbeitet im Einkauf in einem mittelständischen Unternehmen und hat einen Hund namens Bello (der nicht auf dem Bild zu sehen ist, weil er gerade eines der Sofakissen zerfleddert). Und Anne hat ein Problem: Sie hat gerade ihren frischgebrühten Kaffee auf ihrem Teppich verschüttet. Ein klassischer Dienstagmorgen im Home Office eben.

Und so nimmt sie ihr Handy in die Hand und beginnt zu googeln: “kaffee aus teppich entfernen”.

Den AI Overviews vertraut sie (noch) nicht, weil sie gelesen hat, dass die oft Blödsinn erzählen (Passend dazu ein Artikel von mir aus dem letzten Newsletter), Sponsored Ergebnisse mag sie auch nicht. Darum klickt sie auf das erste organische Ergebnis, das ihr in den Blick fällt: Dein Ergebnis! Glückwunsch!

Sie klickt auf den Artikel und scrollt nach unten. Preisfrage: Was will sie nun dort sehen?

  1. Eine 300 Wörter lange Definition darüber, wie der Begriff “Kaffee” entstanden ist und welche Bedeutung das Wort auf irgendeiner namenlosen Insel im Pazifik hat?
  2. Eine 600 Wörter lange Erzählung darüber, wie Kaffee in Kolumbien angebaut wird, welche Tücken das Ernten der Kaffeebohnen dort mit sich bringt und wie beschwerlich der Seeweg nach Europa beim Transport sein kann?
  3. Eine kompakte 200 Wörter lange Anleitung darüber, wie man einen Kaffeefleck am besten aus dem Teppich bekommt

Natürlich Antwort C! Die anderen Antworten mögen vielleicht für Karl oder Helga interessant sein, die ihren Urlaub regelmäßig in der Gegend dort verbringen, aber nicht für Anne. Die will in diesem Augenblick nur eine Lösung für ihr Problem finden. Und zwar sofort und ohne vorher die Geschichte der Kaffeeernte kennenlernen zu müssen.

Liefert das Dein Artikel nicht oder zu spät, ist Anne frustriert und hat Deinen Artikel vermutlich längst hinter sich gelassen, bevor sie Deine eigentlich sehr gute Antwort ganz am Ende der Seite zu Gesicht bekommt. Vielleicht, um anschließend den Artikel Deiner Konkurrenz zu lesen, der ihre Frage tatsächlich gleich zu Beginn perfekt beantwortet. Gut für Deinen Mitstreiter oder Deine Mitstreiterin, schlecht für Dich. Und für Deine Conversion(s).

Wiederholt sich das bei 99% Deiner Besucherinnen und Besucher, dann sehen die 900 Klicks auf Deine Website plötzlich gar nicht mehr so toll aus. Und das nur, weil Du die reale Person und ihren Suchintent nicht (richtig) verstanden hast.

Der Mensch zwischen all den Canonicals und hreflangs

Also… Halten wir fest, um mit meiner kleinen Geschichte nicht selbst die eigentliche Botschaft zu stark zu verwässern: Um wirklich wertvollen Content zu produzieren erstellen, solltest Du immer eine konkrete Person(a) im Blick haben. In (größeren) Unternehmen ist das längst gang und gäbe. In der SEO wird das meinem Gefühl nach bisher aber gerne vergessen. Vor allem, wenn man vorher vielleicht noch zwei technische Audits erledigt hat.

Dabei hilft es enorm, sich immer wieder einmal vor Augen zu führen, dass es nicht nur Zahlen sind, mit denen wir es täglich zu tun haben, sondern echte Menschen. Menschen mit echten Problemen! Menschen wie Anne!

Also wenn Du Dich künftig fragst, wie Du Deine Inhalte (oder die Deiner Kundinnen und Kunden noch) besser machen kannst, frag Dich stets: Was würde Anne dazu sagen? Zaubert ihr der Artikel ein Lächeln aufs Gesicht? Ein Stirnrunzeln? Oder sogar ein paar Zornesfalten? Idealerweise trifft nur die erste Antwort zu.

Denn obwohl die Crawler von Google hin und wieder (noch) so aussehen:

Google Crawler als Neanderthaler mit Keule dargestellt.

Auch sie werden Stück für Stück besser darin zu erkennen, was Menschen tatsächlich lesen wollen, was wirklich wertvoller Content ist und was nur für die Maschinen geschrieben wurde. Und wenn das der Fall ist, hast Du idealerweise bereits die nötigen Inhalte auf Deiner Seite.

Zumal es ohnehin längst möglich (und empfehlenswert) ist, sowohl für Nutzerinnen und Nutzer als auch für die Suchmaschine(n) zu schreiben. Eigentlich kein Geheimnis. Trotzdem verschwimmt der Faktor Mensch nur allzu gerne zwischen all den Zahlen und SEO-Basics. Und da ist es definitiv sinnvoll, sich hin und wieder vor Augen zu führen, dass Besucher 319 in Wahrheit vielleicht Anne heißt.

In diesem Sinne: Wenn Du Dich künftig fragst, wie Du Deine Inhalte (noch) besser machen kannst: Immer an Anne denken!

Darius Erdt
Darius Erdt
Head of Operations & Quality
Wie unser Kopf gute Entscheidungen sabotiert – und wie Du ihn austrickst

Im Online Marketing sind Entscheidungen Alltag: Kampagnenbudgets, SEO-Fokus, neue Tools, Personalfragen, Maßnahmen-Priorisierungen – ständig müssen wir abwägen, bewerten und handeln. Und am liebsten schnell.

Doch genau da wird’s gefährlich: Unser Gehirn will nicht immer die beste Entscheidung – sondern die schnellste und bequemste. Es liebt Muster, Abkürzungen und Sicherheit, selbst wenn das auf Kosten der Qualität geht.

Das Ergebnis: Wir treffen Entscheidungen, die auf dem Papier schlüssig wirken – aber oft verzerrt, verkürzt oder voreilig sind.

Hier sind fünf typische Denkfehler, die Dich im Alltag sabotieren können und wie Du sie aushebelst:

1. Overconfidence Bias – Du überschätzt Deine Einschätzung

Je mehr Erfahrung wir haben, desto sicherer fühlen wir uns. Und desto eher glauben wir, „die richtige Entscheidung“ schon im Gefühl zu haben.

Beispiel: Du bist bei der Erarbeitung einer Keyword-Strategie intuitiv sicher, dass Du anhand des Keywords die Suchintention kennst, und neigst deswegen dazu, eine Abkürzung zu nehmen und Dich nicht mehr durch einen Blick auf die SERPs abzusichern. Mit etwas Erfahrung magst Du damit zu einem hohen Prozentsatz richtig liegen, aber eben nicht immer.

Oder: Beim SEO-Audit findest Du ein technisches Problem und bist sicher: Das ist der Grund für die schwache Sichtbarkeit. Du hörst auf zu graben und übersiehst dabei, dass auch andere Aspekte eine entscheidende Rolle spielen.

🔍 Was passiert? Du verlässt Dich zu sehr auf Deine Intuition, obwohl wichtige Informationen fehlen oder veraltet sind.

🛠️ Was hilft?

  • Starte bewusst mit einer „Ich weiß es nicht“-Haltung.
  • Sammle gezielt Gegenargumente.
  • Hole Feedback von jemandem, der nicht in Deiner Bubble sitzt.

2. Status-quo-Bias – Veränderung fühlt sich riskanter an als Stillstand

Selbst wenn eine Maßnahme sinnvoll wäre, bleiben wir oft beim Bestehenden. Einfach, weil es vertraut ist. Der Aufwand oder die Ungewissheit durch Veränderung erscheint Dir größer als der potenzielle Gewinn.

Beispiel: Deine Website hat zwar hohe Absprungraten, aber Du zögerst, ein Redesign anzustoßen, aus Angst vor unvorhergesehenen Folgen oder Mehraufwand.

Oder: Du bleibst bei Deinem Shop-System, obwohl sich damit hilfreiche Anpassungen an Deiner Website nicht umsetzen lassen, nur weil „das Alte ja immerhin funktioniert hat“.

🔍 Was passiert? Du entscheidest Dich unbewusst gegen Veränderung. Nicht, weil sie schlecht ist, sondern weil Du den Aufwand meidest oder das Risiko überbewertest.

🛠️ Was hilft?

  • Schreibe nicht nur Pro- und Contra-Listen, sondern auch: Was kostet es mich, wenn ich nichts tue?
  • Simuliere Entscheidungen: „Was wäre, wenn ich heute neu starten müsste? Würde ich es genauso machen?“

3. Choice Overload – zu viele Optionen lähmen Dich

Wenn Du vor einer Vielzahl gleichwertiger Alternativen stehst, kann das zu Entscheidungsblockaden führen.

Beispiel: Du vergleichst eine Vielzahl neuer Tools inkl. ihren Feature-Listen, Preisen und Integrationsmöglichkeiten. Am Ende bleibt alles offen, weil sich keine Option klar durchsetzt.

Oder: Du hast zehn Ideen für digitale PR-Kampagnen, aber da unklar ist, welche zündet, wird keine umgesetzt. Lieber nichts tun als falsch entscheiden.

🔍 Was passiert? Dein Kopf blockiert, weil er alle Eventualitäten berücksichtigen will. Die Entscheidung fühlt sich immer unvollständig an.

🛠️ Was hilft?

  • Reduziere bewusst auf maximal drei Optionen.
  • Lege klare Kriterien fest: z. B. Relevanz fürs Ziel, Aufwand, Ressourcen.
  • Setze Dir Deadlines, um nicht in Dauerschleifen zu geraten.

4. Escalation of Commitment – Du hältst zu lange an schlechten Entscheidungen fest

Du hast viel Zeit und Energie in ein Projekt gesteckt und obwohl es nicht funktioniert, machst Du weiter.

Beispiel: Ein Content-Format liefert konstant geringe Engagement-Zahlen, trotzdem erhöhst Du Budget und Ressourcen, statt zu akzeptieren: Das Format zahlt nicht auf Dein Ziel ein.

Oder: Du optimierst monatelang an einem SEO-Projekt, trotz fehlender Fortschritte in den Rankings. Statt innezuhalten und die Strategie grundsätzlich zu hinterfragen, machst Du einfach weiter.

🔍 Was passiert? Du willst Deinen bisherigen Einsatz nicht „verlieren“ und blendest aus, dass ein Kurswechsel effektiver wäre.

🛠️ Was hilft?

  • Frage Dich regelmäßig: Würde ich das heute nochmal genauso starten?
  • Trenne Investitionsentscheidungen von Ergebnisanalysen.
  • Hol eine unbeteiligte Meinung rein: Außenstehende sehen klarer.

5. Action Bias – lieber irgendwas tun, als nichts zu tun

Angst vor Untätigkeit treibt Dich dazu, Maßnahmen zu ergreifen, auch wenn Abwarten oder weitere Informationen sammeln eigentlich klüger wären.

Beispiel: Nach einem Umsatz-Rückgang setzt Du sofort mehrere Maßnahmen um, ohne die Ursache systematisch zu prüfen.

Oder: Dein CEO will schnelle Ergebnisse. Statt sauber zu analysieren, startest Du hektisch neue Maßnahmen, obwohl das Team nicht bereit ist und die Datenlage unklar ist.

🔍 Was passiert? Du entscheidest vorschnell, weil Nichtstun sich falsch anfühlt, selbst wenn Abwarten besser wäre.

🛠️ Was hilft?

  • Definiere klare Auslösebedingungen für Entscheidungen (z.B. KPI-Veränderung über x%).
  • Baue Mini-Experimente: kleine Tests statt großer Entscheidungen.
  • Etabliere Entscheidungsfenster: „Wir entscheiden nach x Tagen – nicht sofort.“

Fazit: Gute Entscheidungen brauchen ein gutes Setting

Du entscheidest nie rein rational. Dein Gehirn will schnell und sicher entscheiden – nicht unbedingt richtig. Deshalb lohnt es sich, typische Denkfallen zu kennen und Werkzeuge zu nutzen, die Dich davor schützen.

Wenn Du also das nächste Mal im Entscheidungsstress steckst, denk an diese Prinzipien:

  • Mach Deine Entscheidung explizit: Worum geht’s wirklich? Was steht auf dem Spiel?
  • Nutze Entscheidungsfragen und Checklisten: Sie bringen Struktur und Distanz.
  • Hol Dir Sparring: Nicht unbedingt von einem Experten, sondern von jemandem, der ehrlich und unvoreingenommen hinterfragt.
  • Schaffe bewusstere Bedingungen statt blinder Effizienz: Oft brauchst Du keine neuen Daten, sondern einen klareren Blick auf das, was Du schon weißt.

Denn gute Entscheidungen entstehen nicht im Kopf, sondern im Prozess.


💡 Dieser Artikel ist Teil einer Serie zu Denkfehlern im Online Marketing. Im vorherigen Teil ging es darum, wie Biases unsere Datenanalysen trüben. In einer kommenden Ausgabe schauen wir uns dann an, wie Denkfehler in Teamprozessen entstehen und was das mit Meetings, Feedback und Silos zu tun hat.

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